Bei Hausstaubmilben-Allergikern im Erwachsenenalter führt eine Kaskade von Entzündungssignalen auf der Oberfläche der Atemwege zum so genannten Airway Remodeling. Dieser Prozess ist nicht durch die standardmäßige Cortisontherapie zu beeinflussen. Das berichten Forscher vom Helmholtz Zentrum und der Technischen Universität München (siehe Journal of Allergy and Clinical Immunology, Online-Veröffentlichung im Juli 2016).
Weltweit sind mehr als 300 Millionen Menschen von Asthma betroffen. Ein häufiges Symptom in diesem Zusammenhang ist das Airway Remodeling: ein krankhafter Umbau der Atemwegsstruktur, bedingt durch fehlgesteuerte Reparaturprozesse - beispielsweise eine vermehrte Einlagerung von Bindegewebe in die Wand der Bronchien, eine Zunahme von schleimbildenden Drüsenzellen im Bronchialgewebe oder ein verstärktes Wachstum von Muskelzellen in den Atemwegswänden. Ein wichtiger Auslöser für diesen fehlerhaften Umbau sind offenbar fortwährende Entzündungsprozesse in den Atemwegen. Je nach Alter der Patienten können dabei bestimmte Botenstoffe (Leukotriene) eine wichtige Rolle spielen, wie Forscher um Dr. Julia Esser-von Bieren nun herausfanden. „Es gibt zwar bereits Medikamente, die gegen Leukotriene gerichtet sind, über die genauen Krankheitsmechanismen wissen wir aber noch viel zu wenig“, so die Gruppenleiterin am Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM), einer gemeinsamen Forschungseinrichtung des Helmholtz Zentrums und der Technischen Universität München.
Die Forschenden interessierten sich vor allem dafür, ob es altersbedingte Unterschiede bei der Ausprägung einer Hausstaubmilben-Allergie gab. Sie untersuchten in Zusammenarbeit mit Prof. Benjamin Marsland vom Universitätsspital CHUV in Lausanne ein entsprechendes Versuchsmodell. Dabei stellte sich heraus, dass ein Extrakt aus Hausstaubmilben unterschiedliche Reaktionen hervorrief, je nachdem in welchem Zeitfenster er auf das Immunsystem trifft.
„Auffällig ist, dass Leukotriene vor allem dann eine wichtige Rolle zu spielen scheinen, wenn Erwachsene eine Allergie erwerben“, berichtet Katharina Dietz, die Erstautorin der Studie. „Sie sind Teil einer ganzen Kaskade von Signalen, die letztlich zur Reaktion auf den Hausstaubmilbenextrakt führt.“ Dabei involviert sind der Studie zufolge vor allem das Signalprotein Wnt5a, die Enzyme Transglutaminase 2 und Phospholipase A2 sowie die Leukotriene selbst. Diese Ergebnisse konnten die Wissenschaftler in menschlichen Zellen und Nasenpolypengewebe von Patienten bestätigen.
Interessant war für die Forscher auch, woher diese Moleküle stammen. „Bisher wurde angenommen, dass die Leukotriene bei Allergien hauptsächlich von bestimmten weißen Blutkörperchen, den sogenannten eosinophilen Granulozyten, produziert werden“, ordnet Studienleiterin Esser-von Bieren die Ergebnisse ein. Dabei sind es vor allem die Epithelzellen im Bronchialgewebe, welche die Kaskade selber antreiben – wie die Forschenden zeigen konnten.
Die Ergebnisse dienen aber nicht nur dem Verständnis, sondern sind auch für die Therapie relevant, „Bei einer chronischen, Kortison-resistenten Entzündung in Form von Asthma oder Nasenpolypen sollte je nach Alter und Allergiestatus des Patienten die Anwendung von Medikamenten erwogen werden, die auf die Leukotrienkaskade im Atemwegsepithel zielen“, rät Esser-von Bieren.
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt