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Personalisierte Lungenkrebstherapie verlängert Überleben

Eine Studie mit rund 5.000 Lungenkrebspatienten hat zu einer neuen, Genom-basierten Klassifikation von Lungenkrebs geführt und kann eine Vorhersage präziserer und effektiverer Therapien ermöglichen. Dadurch hofft man, das Überleben der Patienten mit Lungenkrebs, die auf Basis von Genuntersuchungen eine personalisierte Therapie erhalten, künftig deutlich steigern zu können.

Wissenschaftler der Kölner Uniklinik und Universität zu Köln haben in den Jahren 2010 bis 2013 das Gewebe von etwa 5.000 Lungenkrebspatienten aus Nordrhein-Westfalen untersucht. Mit Hilfe der gefundenen Genveränderungen konnten sie eine Zuordnung zu den Subtypen kleinzelliger beziehungsweise nicht-kleinzelliger Lungenkrebs (non small cell lung cancer, NSCLC) oder weiteren Unterarten durchführen. Dabei kamen sie zu zwei entscheidenden Ergebnissen (siehe Science Translational Medicine 2013, Band 5/209, Seite: 209ra153): Der großzellige Lungenkrebs – er gilt bislang als Variante des nichtkleinzelligen Lungenkrebses und macht circa 10 bis 15 Prozent aller Lungenkrebsdiagnosen aus – kann durch sorgfältige Gentypisierung fast immer den anderen histologischen Untergruppen zugeordnet werden. „Diese Erkenntnis könnte die Diagnose ,großzelliger Lungenkrebs’ auf Dauer überflüssig machen und damit die Klassifizierungssystematik der Erkrankung verändern“, so Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Pathologie der Uniklinik Köln und einer der drei Leiter der Studie. „Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass die Patienten, die auf Basis der genetischen Diagnose eine personalisierte Therapie erhalten haben, davon erheblich profitierten: In einer genetisch definierten Untergruppe beispielsweise lebten die Patienten im Mittel um bis zu zwei Jahre länger als unter klassischer Chemotherapie“, ergänzt Prof. Dr. Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) an der Uniklinik Köln und ebenfalls Studienleiter.

Lungenkrebs ist die dritthäufigste Krebsart in Deutschland, aber unverändert die häufigste Krebstodesursache. Jährlich erkranken circa 34.000 Männer und 15.600 Frauen. Die Lungenkrebs-Diagnose wird heute auf Grundlage einer mikroskopischen Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Lunge erstellt. Diese entscheidet im Weiteren auch über die Zuordnung zum kleinzelligen oder nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom mit entsprechenden Therapievarianten. Dazu Prof. Büttner: „Durch die sehr umfangreiche Identifizierung und Zuordnung genetischer Veränderungen zu den verschiedenen Lungenkrebs-Arten haben wir diagnostische Sicherheit gewonnen. Bei einer so lebensbedrohlichen Erkrankung wie Lungenkrebs ist eine exakte Diagnose von Anfang an für die richtige Therapie entscheidend.“

Bislang konnten für fast 50 Prozent der Lungenkrebspatienten potentielle therapeutisch relevante Genveränderungen identifiziert werden. „Das bedeutet, dass schon heute für die Hälfte der Lungenkrebspatienten Hoffnung auf neue Therapieangebote besteht“, sagt Prof. Wolf.

Für zwei genetische Veränderungen – die EGFR-Mutation und die ALK-Translokation – gibt es bereits zugelassene medikamentöse Therapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren: Die Studie konnte für Patienten mit EGFR-Mutationen ein circa 24 Monate längeres Überleben mit dem personalisierten Therapieverfahren nachweisen, für ALK waren es circa 15 Monate. „Daraus leitet sich für uns ab, die molekulare Diagnostik künftig bei der Diagnosesicherung unbedingt zu berücksichtigen. Da wir auch bei anderen Tumor-Erkrankungen ähnliche Erkenntnisse gewonnen haben, werden wir die genetischen Untersuchungen schon bald auf alle Krebspatienten ausweiten“, sagt Prof. Wolf.

Ermöglicht wurden diese Ergebnisse durch die Zusammenarbeit der Uniklinik und der Universität Köln mit Krankenhäusern und niedergelassenen Onkologen im Rahmen zweier Projekte: dem Clinical Lung Cancer Genome Project (CLCGP) und dem Netzwerk Genomische Medizin (NGM). „Die Arbeit in einem großen funktionierenden Netzwerk war ein entscheidender Erfolgsfaktor für dieses Projekt. Nur durch die aktive Mitwirkung vieler Krankenhäuser und Praxen konnten unsere Wissenschaftler ausreichend Material sammeln, um diese relevanten Erkenntnisse zu gewinnen. Viele Patienten wiederum haben unmittelbar von den neuen Erkenntnissen und personalisierten Therapieempfehlungen profitiert“, betont Prof. Dr. Roman Thomas, Leiter der Abteilung Translationale Genomik an der Universität zu Köln und dritter Leiter der Studie.

Quelle: Uniklinik Köln