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Neuroendokrine Tumore in der Lunge besser behandelbar

Neue Therapieoptionen bei Krebs in der Lunge (und Dünndarm) verbessern die Behandlung von neuroendokrinen Tumoren und zögern wirksam das Tumorwachstum hinaus.

Neue Medikamente und eine verbesserte Therapie mit radioaktiv markierten Substanzen zur „internen Bestrahlung“ verbessern die Behandlung von neuroendokrinen Tumoren (NET) in der Lunge wie auch im Magen-Darm-Trakt und zögern wirksam das Tumorwachstum hinaus. Dies zeigen zwei aktuelle (noch nicht veröffentlichte) Studien, die Wissenschaftler kürzlich auf dem europäischen Krebskongress ESMO in Wien vorstellten. Damit schließe sich eine wichtige therapeutische Lücke, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).

Neuroendokrine Tumoren sind seltene Wucherungen, die aus hormonbildenden Zellen hervorgehen und zum Teil Hormone produzieren und in den Blutkreislauf abgeben. Etwa fünf Menschen von 100.000 erkranken in Deutschland jährlich daran. Die Geschwulste bzw. Tumoren wachsen langsam und treten vor allem in der Lunge sowie im Magen, Dünndarm, Dickdarm oder Wurmfortsatz auf. „Ein Großteil der neuroendokrinen Zellen befinden sich im Magen-Darm-Trakt oder der Lunge. Daher entstehen dort auch die meisten NET“, bestätigt Prof. Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE und Leiter des Endokrinen und Neuroendokrinen Tumorzentrums von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Von der neuen, zielgerichteten Therapie profitieren nun vor allem auch Patienten mit fortgeschrittenen, nicht mehr operativ zu entfernenden NET der Lunge und des Magen-Darm-Trakts, bei welchen bisher lediglich eine Behandlung mit Depotpräparaten des wachstumshemmenden Hormons Somatostatin zugelassen war. Die neuen Medikamente machen sich besondere biologische Eigenschaften des Tumors zunutze: „Die Substanz Everolimus etwa blockiert eine zentrale Schaltstelle in der Tumorzelle, die für Zellteilung und Zellwachstum zuständig ist“, erläutert Prof. Weber. In der randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase III-Studie „RADIANT-4“ hatten Wissenschaftler 302 Patienten mit fortgeschrittenem neuroendokrinen Tumoren der Lunge oder des Gastrointestinaltrakts mit Everolimus behandelt. Die Ergebnisse seien sehr überzeugend, so der DGE-Mediensprecher: Das „progressionsfreie“ Überleben - also das Überleben ohne ein Fortschreiten der Erkrankung - lag bei der Everolimus-Gruppe bei elf Monaten verglichen mit 3,9 Monaten bei der Placebo-Gruppe.

Mit der so genannten Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT) gelingt es Ärzten zudem, die Tumorzelle auch von Innen heraus zu bestrahlen. Auf der Oberfläche der Tumorzellen sitzen Bindungsstellen (Rezeptoren) für das Hormon Somatostatin, die das Medikament – ein Radionuklid, das mit einem Somatostatin-Analogon verbunden ist - als Andockstelle nutzen kann. So dockt es an den Rezeptor an und bestrahlt zielgerichtet unmittelbar die Zellen des Tumors. In der NETTER-1 Studie, an der 230 Patienten teilnahmen, konnten Forscher aus Europa und den USA nun erstmals zeigen, dass diese Art der Radiorezeptortherapie bei Patienten mit einem fortschreitenden NET der Lunge oder des Dünndarms gegenüber der reinen Gabe von hochdosierten Somatostatin-Analoga das progressionsfreie Überleben der Patienten erhöht: Sie bewirkte bei 19 Prozent der Patienten eine deutliche Tumorverkleinerung und reduzierte das Risiko für ein Fortschreiten des Tumors im Vergleich zur reinen medikamentösen Behandlungsgruppe um fast 80 Prozent. „Das stellt diese bisher nur in einigen großen europäischen Zentren verfügbare Therapie auf eine sehr gute wissenschaftliche Evidenzlage. Beide Behandlungen waren eindeutig wachstumshemmend und werden wahrscheinlich zu einer baldigen Zulassung für diese Therapien führen. Damit schließt sich eine therapeutische Lücke. Wir können jetzt Patienten mit NET der Lunge und des Dünndarms, die nicht operiert werden können, besser behandeln“, fasst Prof. Weber zusammen.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)