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Neues Medikament unterstützt Nikotinentzug

Ein neuartiges, nikotinfreies Arzneimittel, das ab März 07 in deutschen Apotheken erhältlich sein wird, soll die Erfolgsaussichten bei einer Raucherentwöhnung um das Dreifache erhöhen.

In Deutschland gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 19 Millionen Raucher, von denen etwa acht Millionen ihr Laster aufgeben wollen. Allerdings gelingt es nur 500.000 Menschen, diesen Vorsatz auch dauerhaft in die Tat umzusetzen. Obwohl sie wissen, dass langjähriges Rauchen ihre Lebenserwartung um etwa zehn Jahre verkürzt. „Jugendliche, die bereits als 15-Jährige mit dem Rauchen begonnen haben, sterben sogar 23 Jahre früher“, erklärt Professor Stefan Andreas von der Fachklinik für Lungenkranke in Immenhausen. Ein Rauchstopp könne hingegen in jedem Alter und bei fast jeder Erkrankung die Lebensqualität und -Erwartung erhöhen. Nun wird ab 1. März in deutschen Apotheken ein neues nikotinfreies Medikament zur Raucherentwöhnung auf Grünem Rezept erhältlich sein, das die Erfolgsaussichten eines Entzugs um das Dreifache erhöhen soll. Dies hat eine Auswertung mehrerer Studien mit über 4000 Teilnehmern ergeben, wie Kate Cahill und ihre Mitarbeiter von der Universität Oxford im Journal Cochrane Library für evidenzbasierte Medizin berichten. Es handelt sich um den Wirkstoff Vareniclin (Handelsname: Champix®), der als so genannter Agonist die gleiche Wirkung wie das Nikotin hat, indem er gezielt bestimmte Nikotin-Rezeptoren im Gehirn stimuliert. Dies führt zur Freisetzung des Belohnungsneurotransmitters Dopamin, wobei aber weniger Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird als wie durch Nikotin. Dadurch sollen typische Entzugserscheinungen – wie zum Beispiel Unruhe, Konzentrationsmangel, Gereiztheit und übermäßiger Appetit - bei aufhörwilligen Rauchern verringert und gleichzeitig die süchtig machenden Belohnungseffekte des Nikotins herabgesetzt werden, so dass das Verlangen nach Nikotin abnimmt. Die Kosten für das verschreibungspflichtige Präparat, das in der EU bereits seit September 2006 zugelassen ist, müssen Patienten selbst übernehmen und liegen in etwa in der Höhe einer Zigarettenschachtel.

Im Rahmen der Untersuchung erhielten über 4000 aufhörwillige Raucher, die zuvor über viele Jahre mehr als zehn Zigaretten pro Tag geraucht hatten, über zwölf Wochen entweder zweimal täglich Vareniclin (je 1 mg) oder ein wirkungsloses Scheinmedikament (Placebo) oder das bereits für die Tabakentwöhnung zugelassene Antidepressivum Bupropion (zweimal täglich 150 mg). Am Ende der Behandlungsphase waren 44 Prozent der Patienten, die Vareniclin einnahmen, rauchfrei, im Vergleich zu 30 Prozent mit Bupropion-Therapie und 18 Prozent mit Placebo. In den Wochen neun bis 24 lagen dann die Werte bei 30 Prozent für Vareniclin, 20 Prozent für Bupropion und 13 Prozent für Placebo. In der 52. Woche waren schließlich noch 23 Prozent der Patienten mit Vareniclin, 15 Prozent mit Bupropion und 10 Prozent mit Placebo Nichtraucher. Insofern sei ein Entzug mit Vareniclin um den Faktor 1,5 Erfolg versprechender als mit Bupropion, schlussfolgern die Wissenschafter. Auch sei das Bupropion enthaltende Arzneimittel Zyban in den vergangenen Jahren wegen schwerer Nebenwirkungen und vereinzelter Todesfälle zunehmend in Kritik geraten. Zwar könne auch das neue Medikament unerwünschte Nebenwirkungen verursachen wie Übelkeit, Schlaflosigkeit, abnorme Träume oder Kopfschmerzen. So sei etwa einem Drittel der Probanden, die Vareniclin erhalten hatten, zu Beginn der Therapie übel gewesen. Dennoch hätten nur zwei Prozent die Studie deswegen abgebrochen. „Um die Übelkeit zu reduzieren, sollte die Dosis langsam gesteigert werden“, rät der Mannheimer Pharmakologe und Kardiologe Professor Martin Wehling. Ärzte sollten ihren Patienten daher in den ersten drei Tagen je 0,5 mg, für vier weitere Tage zweimal 0,5 mg und nach sieben Tagen die volle Dosis (zweimal 1 mg) verordnen.

Quelle: The Cochrane Library (2007), The Cochrane Database of Systematic Reviews Online-Ausgabe 1