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Neuer Wirkstoff gegen Tuberkulose entwickelt

Im Hans-Knöll-Institut in Jena wurde eine Substanz entwickelt, die an einer ganz anderen Zellstruktur ansetzt als bisher bekannte Tuberkulosemedikamente. Diese Substanz ist nicht nur gegen den Tuberkulose-Erreger selbst hochwirksam, sondern auch gegen seine besonders gefährlichen Antibiotika-resistenten Varianten.

Ein völlig neuer Wirkstoff gegen Tuberkulose wurde am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI) - in Jena entwickelt. Die zur Gruppe der Benzothiazinone gehörende Substanz ist in der Lage, den Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis in Laborversuchen mit hoher Effizienz abzutöten. An infizierten Mäusen wurde außerdem nachgewiesen, dass der Wirkstoff die tödliche Krankheit heilen kann, ohne für die Tiere selbst schädlich zu sein. Darüber hinaus ist die Substanz nicht nur gegen den Tuberkulose-Erreger selbst hochwirksam, sondern auch gegen seine besonders gefährlichen Antibiotika-resistenten Varianten, die sich zunehmend ausbreiten und eine Therapie praktisch unmöglich machen. Eine besondere Zellwandstruktur der Erreger ist dafür verantwortlich, dass es bisher nur wenige Medikamente gibt, die eine Infektion wirksam zurückdrängen können. Derzeit ist eine mehrmonatige Behandlung mit einer Kombination aus bis zu vier verschiedenen Arzneistoffen erforderlich. Einen Ausweg aus diesem Dilemma könnte künftig der am HKI gefundene Wirkstoff bieten, da er an einer ganz anderen zellulären Struktur angreift als alle bisher bekannten Tuberkulosemedikamente.

Entdeckt wurde der neue Wirkstoff vom Team um Dr. Ute Möllmann am HKI. In enger Kooperation mit dem Chemiker Dr. Vadim Makarov aus Moskau gelang ihnen in jahrelanger akribischer Arbeit die Isolierung und Optimierung einer Substanz, die Tuberkulose-Erreger mit hoher Treffgenauigkeit abtötet. Ausgehend von einer bestimmten Grundstruktur synthetisierte Dr. Makarov während wiederholter Gastaufenthalte am HKI eine Vielzahl neuer Varianten des ursprünglichen Moleküls. Frau Dr. Möllmann analysierte dann die Bakterien abtötende (antibiotische) Aktivität dieser Substanzfamilie in so genannten Bioaktivitäts-Assays. Mit diesen Testverfahren kann unkompliziert und schnell geprüft werden, ob eine bestimmte Substanz für weitergehende Untersuchungen in Frage kommt oder nicht. Die Tests lieferten schließlich - basierend auf den jahrzehntelangen Erfahrungen Möllmanns in der Antibiotika-Forschung - den entscheidenden Hinweis auf die neue Substanzklasse. Das optimierte Molekül wurde daraufhin von Dr. Makarov chemisch analysiert und synthetisiert – und übertraf letztendlich selbst die optimistischen Erwartungen der beteiligten Forscher.

„Dank der Fortschritte in der Infektionsbiologie verstehen wir heute weitaus besser, wie Krankheitsprozesse ablaufen und welche molekularen Mechanismen daran beteiligt sind“, erklärt Prof. Axel Brakhage, Direktor des HKI und Lehrstuhlinhaber an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, „Auf diese Weise gelingt es uns, neue Angriffspunkte für künftige Medikamente zu identifizieren und maßgeschneiderte Wirkstoff-Kandidaten zu synthetisieren. Wir freuen uns riesig, dass Frau Dr. Möllmann zum Abschluss ihrer beruflichen Laufbahn ein solch außerordentlicher wissenschaftlicher Erfolg zuteil wurde. Er beruht auf unermüdlichem Forscherdrang, intensiven Kooperationen mit Fachkollegen in aller Welt und einer guten Portion Durchhaltevermögen in den schwierigen Phasen der wissenschaftlichen Arbeit.“ Ein US-amerikanischer Pharmakonzern hat sich die Exklusivlizenz für die Substanz bereits gesichert und die Entwicklung eines Medikaments übernommen.