Neurodermitis (auch atopisches Ekzem genannt) ist für viele Patienten eine große Belastung: Die Haut entzündet sich ohne erkennbaren äußeren Anlass. Sie wird rot und juckt, und das in schweren Fällen großflächig und lange anhaltend. Jetzt haben Hautärzte um Prof. Andreas Wollenber am Klinikum der Universität München einen neuen Wirkstoff namens Dupilumab getestet, der sich als effektiv erweist, dabei weniger Nebenwirkungen hat und somit auch die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern soll (siehe New English Journal of Medicine, Online-Vorabveröffentlichung am 1.10.2016).
Neurodermitis kommt häufig vor und hat eine große sozialmedizinische Bedeutung. Kleinkinder trifft es besonders oft, wenn auch mit meist mildem Verlauf. Fast jedes vierte Kind erkrankt vorübergehend. Erwachsene sind seltener, dafür oft schwerer betroffen. Bei allen Patienten ist ein bestimmter Teil des Immunsystems überaktiviert – nämlich der sogenannte TH2-Arm, der Infektionen mit Parasiten wie beispielsweise Bandwürmern bekämpft. Allerdings sind Neurodermitis-Patienten i.d.R. gar nicht von Parasiten befallen. Ihr TH-2-Arm unterliegt also einem Fehlalarm und löst dabei eine Dauer-Entzündung in der Haut aus.
Klassische entzündungsbekämpfende Medikamente gegen die Neurodermitis wie Kortison blockieren nicht nur den TH2-Arm, sondern alle Arme des Immunsystems – auch jene die gegen Viren, Bakterien oder Krebszellen aktiviert werden. „Dupilumab dagegen hemmt ausschließlich den TH2-Arm - und genau so wollen wir es auch haben.“, erklärt Wollenberg. Denn je selektiver ein Medikament wirkt, umso weniger Nebenwirkungen sind zu erwarten und desto besser verträglich ist eine Arznei.
An der Studie nahmen fast 1400 Frauen und Männer mit mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis teil. Zwei Drittel der Patienten bekam vier Monate lang Dupilumab verabreicht – in Form von Spritzen in den Bauch, die wöchentlich oder alle zwei Wochen gegeben wurden. Die restlichen Patienten erhielten ebenfalls Spritzen in den Bauch, allerdings nur mit einem Scheinmedikament (Plazebo).
Dann hieß es für alle: Warten. Denn Dupilumab braucht vier bis sechs Wochen, ehe es seinen vollen Effekt entfaltet. Mit der Zeit aber verschwanden zuerst die Hautekzeme, etwas später auch der Juckreiz bei einem Drittel der mit dem Wirkstoff behandelten Patienten völlig. „Ein großer Erfolg“, wie Andreas Wollenberg findet. Der Effekt hält etwa drei Monate lang an. Auch bei den restlichen behandelten Patienten besserten sich die Symptome deutlich. Dabei zeigten sich in der Studie keine schweren Nebenwirkungen. Vereinzelt kam es zu leichten Infektionen.
„Wir werden höchstwahrscheinlich eine neue Alternative für die Behandlung unserer Patienten bekommen“, meint der Münchner Hautspezialist – auch wenn in Deutschland noch eine weitere Studie erforderlich sein wird, bevor Dupilumab auf den Markt kommen kann.
Quelle: Klinikum der Universität München