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Neuer Therapieansatz für fibrosierende Lungenerkrankungen

Ein Forscherteam um Prof. Oliver Eickelberg vom Helmholtz Zentrum München und der Ludwig-Maximilians-Universität München hat einen neuen Therapieansatz für die Behandlung fibrosierender Lungenerkrankungen gefunden: Vom geschädigten Lungenepithel wird vermehrt ein bestimmtes Signalprotein gebildet. Verringert man dessen Spiegel, so lässt sich im Experiment der Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen.

Fibrosierende Lungenerkrankungen zeichnen sich durch einen Umbau des Gerüsts zwischen den einzelnen Lungenbläschen aus, bei dem es zu einer überschießenden Bindegewebsbildung kommt, die zur Zerstörung der Lungenarchitektur führt. Folge ist ein Verlust der Lungendehnbarkeit und der Lungenfunktion, so dass kein ausreichender Gasaustausch mehr gegeben ist. Betroffene haben eine erheblich eingeschränkte Lebensqualität, leiden unter Atemnot, wiederkehrenden Infekten und Erstickungsgefühlen. Durch einen besonders aggressiven und schnell fortschreitenden Verlauf ist die so genannte Idiopathische pulmonare Fibrose (IPF) gekennzeichnet. Die Auslöser und molekularen Mechanismen dieser Erkrankung sind noch weitgehend ungeklärt, auch gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine wirksame, medikamentöse Therapie. So beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Diagnose IPF nur zwei bis drei Jahre. Die einzige Therapieoption stellt eine Lungentransplantation dar, die jedoch nicht für alle IPF-Patienten in Frage kommt.

Eine Forschergruppe um Prof. Oliver Eickelberg, Leiter des Institutes for Lung Biology and Disease (iLBD) am Helmholtz Zentrum München, konnte nun zeigen (siehe The Journal of Clinical Investigation (2009), Online-Vorabveröffentlichung am 16. März), dass bei fibrosierenden Lungenerkrankungen vom geschädigten Lungenepithel vermehrt ein bestimmtes Signalprotein namens WISP1 gebildet wird. Hierbei handelt es sich um ein Protein aus dem WNT/beta-catenin-Signalweg, der an der Lungenentwicklung beteiligt ist und im Verlauf der Fibroseentstehung reaktiviert wird. WISP1 stimuliert Bindegewebszellen zu einer gesteigerten Kollagenproduktion und damit einer Fibrosierung der Lunge. Im experimentellen Modell konnten die Wissenschaftler feststellen, dass eine Verringerung des Signalproteins WISP1 entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der Lungenfibrose hat. „Eine Reduktion von WISP1 im Körper schränkt die Biosynthese an profibrotischen Markergenen ein“, erklärt Dr. Melanie Königshoff, die in Gießen maßgeblich an der Studie beteiligt war. „Diese Markergene sind entscheidend an der Zunahme von Bindegewebe beteiligt. Durch die Reduktion kommt es dagegen zu einer Abschwächung der Lungenfibrose und einer deutlichen Verbesserung der Lungenarchitektur: Die Kollagenablagerungen in der Lunge nehmen ab, die Lungenfunktion verbessert sich.“

Prof. Werner Seeger, Leiter des Gießener Lungenzentrums (UGLC, University of Gießen Lung Center) und Ärztlicher Geschäftsführer des Universitätsklinikums Gießen und Marburg GmbH, sieht in der Studie einen guten Beweis für die fruchtbare Zusammenarbeit führender nationaler Lungenzentren, um neuartige Therapieansätze für chronische Lungenerkrankungen zu entwickeln. „Diese Studie ist ein Prototyp für die zukünftige Forschung am Comprehensive Pneumology Center (CPC) in München.“ Der essenzielle nächste Schritt bestehe nun darin, WISP1 therapeutisch nutzbar zu machen.