Chronische Lungenerkrankungen, wie beispielsweise die idiopathische pulmonale Lungenfibrose, sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zweithäufigste Todesursache der Welt. Bisher gibt es wenig kausale Therapieansätze.
Eine spezifische Bindungsstelle (Rezeptor) des so genannten Wnt-Signalweges als therapeutisches Target für idiopathische Lungenfibrose (IPF) haben nun Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Groningen identifiziert (siehe FASEB Journal, Online-Vorabveröffentlichung am 5.2.16).
Der Wnt-Signalweg ist einer von vielen komplexen Signalwegen, durch die Zellen auf äußere Signale reagieren können. Er ist essenziell für die normale Embryonalentwicklung (Embryogenese) und wird auch bei bestimmten Krebsformen beobachtet. Benannt wurde er nach seinem Liganden und Hauptakteur „Wnt“ – einem Protein, das als lokaler Mediator eine wichtige Funktion bei der Entwicklung verschiedener tierischer Zellen einnimmt. An der Signalübertragung und -weiterleitung des Wnt-Signalwegs sind zahlreiche weitere Proteine beteiligt.
Dr. Dr. Melanie Königshoff und Dr. Hoeke Baarsma am Comprehensive Pneumology Center des Helmholtz Zentrums München und Kollegen ist es nun gemeinsam gelungen, eine Funktion des bislang unerforschten Wnt-Rezeptors (Frizzled-8 = FZD8) nachzuweisen. „Unsere Forschung zeigt, dass die Aktivierung von FZD8 an der Veränderung von Signalwegen in der Zelle beteiligt ist, die bei der Ausbildung von fibrotischen Erkrankungen und möglicherweise auch anderen chronischen Lungenerkrankungen eine Rolle spielen“, berichtet Hoeke Baarsma aus Groningen.
Die Forscher konnten dabei im Speziellen beobachten, dass über den Rezeptor FZD8 sowohl ein Wachstumsfaktor (TGF-beta - Abkürzung aus dem Englischen: Transforming growth factor), der wichtig für die Embryogenese ist, als auch der Wnt-Signalweg zusammenwirken. Dabei kommt es zu einer Aktivierung von Fibroblasten, die eine wichtige Rolle bei der Synthese der Zwischenzellsubstanz spielen, und zu einem Umbau des Lungengewebes. Beides ist typisch für die Ausbildung einer idiopathischen Lungenfibrose.
„Die neue gefundene Wirkung des FZD8-Rezeptors auf Fibroblasten bietet uns die Möglichkeit, hier an einem wichtigen Schnittpunkt zwischen dem Wnt- und TGF-beta-Signalweg direkt therapeutisch anzusetzen und den Rezeptor zu hemmen“, erklärt Königshoff, Leiterin der Studie.
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt