Die Lungentransplantation, also der Austausch eines einzelnen oder beider Lungenflügel gegen ein Spenderorgan, ist eine etablierte Behandlungsmöglichkeit für ausgewählte lungenkranke Patienten in Endstadien. Dabei wird die Spenderlunge zunächst in einer konservierenden Lösung gebadet, anschließend mit Sauerstoff aufgebläht und dann für längstens acht Stunden auf Eis gekühlt, um den Schaden am Gewebe zu minimieren.
Ein neues Verfahren - die so genannte Ex-vivo lung perfusion (EVLP) - verlängert die mögliche Kühlzeit, indem sie einen Zwischenschritt einschiebt, bei dem eine Lösung aus Nährstoffen, Proteinen und Sauerstoff bei Körpertemperatur durch die Lunge gepumpt wird. In dieser Zeit können die Ärzte auch mögliche Schäden an der Spenderlunge inspizieren und ein gegebenenfalls verletztes Organ noch für eine Operation retten. Da das EVLP-Verfahren die Aufenthaltsdauer des Gewebes außerhalb des Körpers verlängert, haben Kanadische Forscher untersucht, wie sich das auf die Erfolgsaussichten der Operation auswirkt (siehe The Lancet Respiratory Medicine, Online Veröffentlichung am 17.11.2016).
In der aktuellen Arbeit untersuchten sie die Daten von 906 Patienten, die zwischen 2006 und 2015 eine Spenderlunge erhalten hatten. Dabei verglichen sie solche, deren neue Lunge weniger als 12 Stunden außerhalb eines Körpers verbracht hatte, mit jenen, deren neue Lunge länger als 12 Stunden aufbewahrt worden war. Das war bei 97 Patientinnen und Patienten der Fall gewesen - im Schnitt vergingen 14,6 Stunden bis zur Transplantation, 95 Prozent der Lungen waren durch EVLP behandelt worden. Dem gegenüber standen 809 Personen, deren Lunge nicht länger als 12 Stunden außerhalb eines Körpers gewesen war (im Schnitt 6,7 Stunden). Von diesen hatten nur fünf Prozent eine EVLP erhalten.
Quintessenz der Studie: Ein Jahr nach der Operation war der Verlauf in beiden Gruppen sehr ähnlich, sowohl was die Komplikationen bei der Maßnahme selbst als auch was die Verweildauer der Patienten auf der Intensivstation und ihre Überlebensraten anbelangt. Das Forscherteam weist darauf hin, dass die Lungen, die mit der EVLP-Methode konserviert worden waren, als stärker beschädigt und kontrollbedürftig galten, weshalb sie zumeist erst die EVLP-Behandlung bekamen.
Die Autoren schließen daraus, dass die EVLP-Methode die Haltbarkeitszeit der Lungen deutlich verlängert und dadurch mehr Zeit einräumt, um die Lungen ausgiebig zu untersuchen und gegebenenfalls zwischen verschiedenen Orten zu transportieren - um somit auch mehr Patienten eine lebensrettende Operation zu ermöglichen. Einschränkend merken die Autoren aber an, dass es sich um eine retrospektive Studie handelt, die bisher lediglich an einem Krankenhaus durchgeführt wurde. Eine Maximalzeit für die Aufbewahrung der Spenderlunge mittels EVLP sei noch nicht klar festzulegen, 20 Stunden seien aber bislang schon machbar.
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt