„Verschiedene Subtypen des Lungenkrebses auseinanderhalten zu können ist entscheidend, um eine Prognose des Krankheitsverlaufes abzugeben“, erklärt Dr. Klaus Gerwert vom Proteinforschungskonsortium PURE (Protein Research Unit Ruhr within Europe). Er und seine Kollegen des PURE-Konsortiums der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben eine neue Diagnosemethode namens Spektrale Histopathologie entwickelt, die es ermöglicht, Subtypen einzelner Lungenkrebsformen Marker-frei zu erkennen. Es handelt sich um ein automatisierbares Imaging-Verfahren, das bereits gemeinsam mit Ärzten der Ruhrlandklinik in Essen erfolgreich eingesetzt wurde. Dieses Verfahren klassifiziert bestimmte Formen von Lungenkrebs und erlaubt damit eine Prognose über die Aggressivität eines Tumors. „Die präzise Diagnose der Tumorsubtypen eröffnet die Möglichkeit, zukünftig eine gezieltere und somit erfolgreichere Therapie im Rahmen der personalisierten Medizin durchzuführen“, betont Dr. Gerwert.
Das Forschungsteam um Gerwert verglich die mit der Spektralen Histopathologie (SHP) gewonnen Ergebnisse mit denen einer klassischen histologischen Diagnostik (siehe Analyst 2015, Band 140, Seite 2114-2129). „Unsere Ergebnisse stimmen exzellent mit der Diagnose durch den Pathologen überein“, berichtet Ko-Autorin Dr. Angela Kallenbach-Thieltges. „Dies zeigt, eindrucksvoll das Potenzial der Methode für die klinische Diagnostik.“ Die Genauigkeit der SHP zur Erkennung der Subtypen von Lungenkrebs (Adenokarzinom) liegt bereits über 92 Prozent im Vergleich zur klassischen Histopathologie. Weitere Untersuchungen an größeren Patientenzahlen sind jedoch noch erforderlich, um die Methode zu validieren. „In Zukunft wollen wir das System verbessern und auf andere Krankheitsbilder erweitern“, ergänzt Dr. Frederik Großerüschkamp.
Im Gegensatz zu bisherigen Methoden wird das Gewebe für die am RUB-Lehrstuhl für Biophysik etablierte SHP nicht mehr mit verschiedenen Markern gefärbt, um den Krebs-Subtyp zu erkennen. Standardmäßig diagnostizieren Pathologen Lungenkrebs durch eine mikroskopische Analyse von gefärbten dünnen Gewebeschnitten aus einer Biopsie der Lunge. Häufig wird eine Diagnose erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt, da die Symptome spät im Krankheitsverlauf auftreten. Die Spektrale Histopathologie erfasst direkt molekulare Veränderungen im Gewebe, insbesondere Proteinveränderungen, ohne dass eine Färbung erforderlich ist. Da sie mit Lichtstrahlen arbeitet, kann der dünne Gewebeschnitt aus der Biopsie anschließend mit weiteren Methoden (insbesondere Genom- oder Proteom-Analysen) verwendet werden.
Die SHP-Ergebnisse können Chirurgen vor Ort während der OP in ihrer therapeutischen Entscheidung unterstützen. Dazu muss es gelingen, eine Sonde mit Spektraler Histopathologie im Operationssaal einzusetzen. Außerdem können die Daten den Pathologen in Zukunft bei ihrer diagnostischen Entscheidung eine „zweite Meinung“ liefern. In früheren Untersuchungen erprobte das PURE-Team die SHP bereits für eine Dickdarmkrebsdiagnose. So funktioniert die SHP im Detail: http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2013/pm00265.html.de.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum