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Neue Asthma- und COPD-Leitlinien veröffentlicht

In den letzten Jahren gab es einige Neuentwicklungen in der Diagnostik und Therapie der beiden Volkskrankheiten Asthma und COPD, die jetzt in die Neufassung der beiden Leitlinien eingeflossen sind.

Über zehn Jahre sind seit der Publikation der letzten deutschen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Asthma und COPD aus dem Jahr 2006 verstrichen. Mittlerweile gab es viele Evidenz-basierte Neuentwicklungen in der Diagnostik und Therapie der beiden Volkskrankheiten, die dann Ende 2017 in die Neufassung der beiden Leitlinien eingeflossen sind. Diese wurden unter Mitwirkung mehrerer Arbeitsgruppen und einer Vielzahl von Autoren verschiedener medizinischer Fachdisziplinen – darunter die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Deutsche Atemwegsliga - neu konzipiert und jetzt veröffentlicht (siehe Langfassung der Asthma-Leitlinie 2017 und COPD-Leitlinie 2017).

Asthma gehört mit mehr als fünf Millionen Patienten zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Mehr als 10 % aller Kinder und Jugendlichen und ca. 5 % aller Erwachsenen leiden an Asthma. Zur Epidemiologie der COPD liegen bislang nur wenige Daten vor. Experten schätzen die Prävalenzen der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland und Österreich zwischen fünf und zehn Prozent.

Asthma

„Nicht nur neue Erkenntnisse in der Diagnostik und Therapie des Asthmas einschließlich der Entwicklung neuer Medikamente und Therapieoptionen machten eine Neufassung notwendig, sondern auch die Neuorientierung und das Umdenken durch die Charakterisierung von Phänotypen des Asthmas, die neue Einteilung der Schweregrade des Asthmas und den Aufbau der Stufenpläne“, schreiben die Autoren der neuen S2k-Leitlinie.

Die neue Asthma-Leitlinie definiert die Erkrankung als eine heterogene, multifaktorielle, meist chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die meist durch eine Überempfindlichkeit der Bronchien und/oder eine variable und teils wieder umkehrbare (reversible) Verengung der Atemwege charakterisiert ist. Typische Beschwerden des Asthmas sind v.a. Luftnot, Brustenge, Atemnebengeräusche und Husten mit wechselnder Intensität. Bei der Mehrzahl der Patienten ist das Asthma Folge einer Allergie gegen Aeroallergene (v.a. Pflanzenpollen, Milben, Tierhaare), aber vor allem bei Erwachsenen kann ein Asthma auch durch nicht-allergische Trigger ausgelöst werden. Die Diagnostik eines Asthmas gründet bei typischen Beschwerden auf dem Nachweis einer Verengung der Bronchien mittels Messung der Lungenfunktion. Ist diese Verengung durch Inhalation eines antiasthmatischen Medikamentes vollständig reversibel, besteht an der Asthma-Diagnose kein Zweifel. Liegen dagegen keine Verengung und auch keine messbare Überempfindlichkeit der Bronchien vor, ist ein Asthma sehr unwahrscheinlich. Im Graubereich zwischen Bestätigung oder Ausschluss eines Asthmas ist eine definitive Diagnose häufig erst durch eine Verlaufsbeurteilung möglich.

Neu bei der Therapie von Asthma ist, dass es jetzt fünf anstatt vier Therapiestufen gibt, da als fünfte Stufe die Behandlung des schweren Asthmas mit Biologika hinzugekommen ist. Außerdem können inhalative Corticosteroide (ICS) jetzt auch schon ab Stufe 1 in Erwägung gezogen werden. Auf systemische Cortison-Behandlungen, die früher oft nötig waren, wird aber möglichst verzichtet.  

Basis der Asthma-Therapie sind unverändert inhalative Corticosteroide (ICS), die die dem Asthma zugrundeliegende Entzündungsprozesse wirksam unterbinden. Ist dadurch keine Asthma-Kontrolle möglich, wird die Behandlung um ein inhalatives langwirksames Beta2-Mimetikum (LABA) ergänzt, ein die Bronchien für bis zu 24 Stunden erweiterndes Medikament. Relevante Nebenwirkungen sind durch die inhalative Anwendung der genannten Medikamente kaum zu befürchten. Diese Dauerbehandlung wird durch die Gabe von rasch wirksamen Bronchodilatatoren ergänzt, die nur bei Bedarf inhaliert werden. Eine für viele Patienten besonders einfache Asthma-Behandlung besteht in einem Kombinationspräparat eines inhalativen Glukokortikoids mit einem langwirksamen Beta2-Mimetikum. Bei schwerem Asthma muss die inhalative Therapie durch monoklonale Antikörper ergänzt werden, die sich gegen die dem Asthma zugrundeliegenden Entzündungsmechanismen richten und diese unterbinden.

Neuerungen gibt es also auf allen fünf Stufen der Asthmatherapie: Analog zur aktuellen Leitlinie der Global Initiative for Asthma (GINA) wird auch in der neuen deutschen Leitlinie auf Stufe 1 bei Patienten mit mildem Asthma und wenig Beschwerden als Option die Bedarfstherapie mit schnellwirkenden Beta-2-Mimetika (SABA) genannt. Bereits auf Stufe 1 empfehlen beide Leitlinien nun, eine Dauertherapie mit niedrig dosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) zu erwägen. Änderungen gibt es auch auf den Stufen 2, 3 und 4. Und auf Stufe 5 (schweres Asthma) werden in der deutschen Leitlinie wie auch in GINA zusätzlich zu der auf Stufe 4 empfohlenen Medikation nun primär das lang wirksame Anticholinergikum (LAMA) Tiotropium sowie anti-IgE-Antikörper bei allergischem und Anti-IL-5-Hemmer bei eosinophilem Asthma empfohlen.

Die neue Asthma-Leitlinie enthält darüber hinaus eine Vielzahl von evidenzbasierten Empfehlungen zur nichtmedikamentösen Asthma-Therapie (u.a. Patientenschulung, Physiotherapie, Rehabilitation), zum Umgang mit typischen Asthma-Begleiterkrankungen (z.B. Allergie, Schlafstörungen, Raucherlunge), zur Asthma-Prävention (z.B. Allergenvermeidung), zur Diagnose und Behandlung des beruflich bedingten Asthmas und zum Management der Asthmaerkrankung in der Schwangerschaft.

COPD

Die Diagnose COPD ist bei allen Patienten mit Atemnot, Husten und/oder Auswurf zu erwägen und durch den Nachweis einer nicht vollständig reversiblen Obstruktion in der Lungenfunktion zu sichern. Während die internationale GOLD-Guideline bei der Diagnose ausschließlich auf die Spirometrie und die Forcierte Expiratorische Einsekundenkapazität (FEV1) fokussiert, empfehlen die deutschen Leitlinien, die Bodyplethysmographie und die Diffusionskapazität zu berücksichtigen. Eine Unterscheidung zwischen Asthma und COPD ermöglichen einfache Kriterien im Sinne einer Mustererkennung.

Analog zur Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) wird empfohlen, COPD-Patienten mit dem ABCD-Schema aufbauend auf die Symptomatik und die Exazerbationshistorie zu evaluieren und diese Einstufung als Basis für die medikamentöse Therapie zu verwenden. Auch die Empfehlungen für die medikamentöse Therapie folgen im wesentlichen GOLD. Es wurde aber eine andere Art der Darstellung gewählt mit einer Trennung in nicht behandelte und vorbehandelte Patienten. Darüber hinaus wurden die GOLD-Gruppen C und D im Therapiealgorithmus zusammengefasst, weil die Empfehlungen für diese häufig exazerbierenden Patientengruppen identisch sind.

Sowohl in der GOLD-Guideline als auch in der aktuellen Leitlinie wurde der Stellenwert inhalativer Glukokortikoide (ICS) deutlich reduziert. ICS sind in der Initialtherapie nicht indiziert und finden Einzug in die Therapie, wenn der Verdacht besteht, dass eine asthmatische Komponente vorliegt. Bei Patienten mit reiner COPD kommen ICS frühestens dann zum Einsatz, wenn die bronchialerweiternde Therapie ausgeschöpft ist und Exazerbationentrotz einer Behandlung mit langwirksamen Bronchodilatatoren auftreten. Dauern Exazerbationen unter ICS weiter an, können diese auch wieder abgesetzt werden. Hinsichtlich der Behandlung von COPD-Exazerbationen sind die Autoren der deutschen Leitlinie der Ansicht, dass zu viele Patienten aktuell mit Antibiotika behandelt werden. Daher werden konkrete Empfehlungen für die Indikationen zur antibiotischen Therapie gegeben.

Der außerklinischen Beatmung von COPD-Patienten mit akuter und chronischer Atmungsschwäche (respiratorischer Insuffizienz) wurde aufgrund der in mehreren Studien nachgewiesenen signifikanten Überlebensvorteile für die beatmeten Patienten ein ausführliches Kapitel gewidmet. Ein besonderes Augenmerk legt die deutschsprachige Leitlinie auf mögliche berufliche Ursachen der COPD.

Mehr Aufmerksamkeit soll künftig auch die Rehabilitation von COPD bekommen. Allerdings werden entsprechende Beschlüsse des GBA bisher nicht von den Krankenkassen umgesetzt.

Quellen:

  • Pressetext zur Pressekonferenz der Deutschen Atemwegsliga im Rahmen des 59. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin in Dresden
  • Ärztezeitung vom 22.12.2017 und 21.3.18