Bei Kindern, die eine Allergie gegen Hausstaubmilben (allergische Rhinitis) und Asthma entwickelt haben, ist es zuvor zu bestimmten Interaktionen zwischen Bestandteilen der Hausstaubmilben und dem Immunsystem der Kinder gekommen. Welche Moleküle der Hausstaubmilbe die primären Ziele des Immunsystems sind, haben jetzt Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin herausgefunden (siehe Journal of Allergy and Clinical Immunology, in Press 2016). Die Ergebnisse eröffnen neue Wege zu präziseren Therapieoptionen und zu einer erfolgreichen Vorhersage und Prävention der Hausstaubmilbenallergie.
Die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Paolo Maria Matricardi, Leiter der Arbeitsgruppe Molekularallergologie der Charité, untersuchten gemeinsam mit Forschern der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Prof. Rudolf Valenta die Daten und Blutproben von 722 in Deutschland lebenden Kindern, die als Teilnehmer der sog. Multizentrischen Allergiestudie (MAS) seit ihrem Geburtstag im Jahr 1990 über 20 Jahre hinweg regelmäßig an Befragungen und Untersuchungen teilgenommen haben. Proteine der Hausstaubmilbe dienten in Kombination mit nanotechnologischen Methoden dazu, die Ursprünge und Entwicklung der Immunantwort von der Kindheit über die Jugend bis hin zum jungen Erwachsenen zu charakterisieren.
Die Forscher entdeckten, dass bereits im Blut von Vorschulkindern Antikörper gegen drei Hausstaubmilbenmoleküle mit der Bezeichnung „Der p 1“, „Der p 2“ und „Der p 23“ nachgewiesen werden konnten, oftmals bevor sich die Erkrankung überhaupt klinisch zeigte. Bei einigen Kindern folgte eine so genannte “Sensibilisierungskaskade”, die sich nach und nach gegen weitere Milbenmoleküle richtete und die als “molecular spreading” bezeichnet wird. Kinder, die Antikörper gegen eine Vielzahl von Molekülen bildeten, hatten ein höheres Risiko im Laufe ihres Lebens an allergischer Rhinitis und Asthma zu erkranken. Auf der anderen Seite entwickelten Kinder, die schon in sehr jungen Jahren erste Antikörper gebildet hatten und bei denen zudem ein oder beide Elternteile an Heuschnupfen litten, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Allergie. Hinzu kam, dass gesunde Vorschulkinder, die bereits Antikörper gegen die beiden Moleküle „Der p 1“ oder „Der p 23“ produzierten, häufiger Asthma im Schulalter entwickelten.
„Die Hausstaubmilbenallergie entwickelt sich in der Kindheit wie eine Lawine. Sie beginnt früh mit nur einem oder sehr wenigen Molekülen und umfasst im weiteren Verlauf ein immer breiteres Molekülspektrum”, erklärt Dr. Daniela Posa, Erstautorin der Publikation. „Je breiter die Streuung der molekularen Sensibilisierung ist, desto höher ist das Risiko Asthma zu entwickeln”, fügt sie hinzu. Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass diese Erkenntnisse neue Perspektiven in der Prävention und Therapie der durch Hausstaubmilben verursachten allergischen Rhinitis und des Asthmas eröffnen.
Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin