Der Viagra-Wirkstoff Sildenafil, der gegen Potenzstörungen, teilweise aber auch gegen Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) eingenommen wird, birgt offenbar ein großes Risiko, das Hörvermögen zu beeinträchtigen. Das geht aus einer Studie von Forschern um Gerald McGwin von der University of Alabama hervor, die rund 11.500 Männer über 40 Jahren untersucht haben (siehe Archives of Otolaryngology, Head and Neck Surgery (2010), Band 136(5), Seite 488-492). Studienteilnehmer, die so genannte Phosphodiesterase-5-Hemmer (kurz PDE-5-Hemmer) gegen Potenzstörungen einnahmen, hätten doppelt so häufig von Hörproblemen berichtet wie Männer, die auf solche Mittel verzichteten. Im Vergleich zu den Wirkstoffen Tadalafil und Vardenafil berge der Wirkstoff Sildenafil ein deutlich höheres Risiko für das Hörvermögen.
Sildenafil vermag nicht nur eine Versteifung des Penis zu unterstützen, sondern auch den Druck in den Lungengefäßen zu senken. Hintergrund dieser zweierlei Wirkungen ist die biochemische Verwandtschaft zwischen Penis und Lunge: In beiden Organen – und fast nur dort – findet sich das Enzym Phosphodiesterase 5. Im Penis kann dieses eine Erektion abschwächen, in der Lunge zur Verengung der Blutgefäße beitragen. Der Wirkstoff Sildenafil hemmt ganz gezielt dieses Enzym – und verhilft so einerseits Patienten mit Potenzstörungen zu stabilen Erektionen und andererseits Lungenhochdruckpatienten zu einer verbesserten Lungendurchblutung, was ihre Sauerstoffaufnahme und damit die Belastbarkeit und Lebensqualität der Betroffenen verbessern kann.
Ärzte vom Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte vermuten, dass PDE-5-Hemmer nicht nur die Durchblutung von Penis und Lunge fördern, sondern auch diejenige im Innenohr, zumal im Ohr teils ähnliches Gewebe wie im Penis bzw. der Lunge vorhanden sei. Eine erhöhte Durchblutung könne das Hörsystem stören und das Hörvermögen beeinträchtigen. Anwender von PDE-5-Hemmern, die Hörprobleme bei sich beobachten, sollten sich daher an einen Arzt wenden.