Ungefähr einer von zehn Asthmatikern leidet unter einer schweren Verlaufsform der Erkrankung, deren Behandlung oft übermäßige Mengen von Corticosteroiden erfordert, um sie unter Kontrolle zu halten. Nun erweist sich ein Medikament namens Enbrel, das normalerweise gegen Arthritis (Gelenkentzündung) eingesetzt wird, für solche Patienten möglicherweise als wirksam und zur Behandlung geeignet. Peter Howarth von der Universität Southampton in England und seine Kollegen untersuchten insgesamt 17 Patienten mit schwerem Asthma, die allesamt weiterhin unter Beschwerden litten, obwohl sie zuvor mit einer ganzen Reihe verschiedener Medikamente behandelt worden waren. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Thorax berichten, führte eine zweimal wöchentlich verabreichte Injektion von Enbrel bei den Betroffenen zu einer deutlichen Linderung ihrer Beschwerden. Auch ihre Lungenfunktion verbesserte sich, so dass zwei der Studienteilnehmer sogar eines ihrer übrigen Asthma-Medikamente ganz absetzen konnten. Dabei traten nur wenige Nebenwirkungen auf, darunter am häufigsten Atemwegsinfekte und Hautreaktionen an der Einstichstelle, allerdings auch asthmatische Verschlechterungsschübe.
Enbrel drosselt die Entzündung
Offenbar vermag Enbrel die Entzündungsreaktion bei Patienten mit schwerem Asthma zu drosseln, interpretiert Studienleiter Howarth das Untersuchungsergebnis. Es sei bekannt, dass die Wirkungsweise dieses Arzneistoffes darin besteht, einen bestimmten Mediator des Immunsystems zu hemmen – den so genannten „Tumor Nekrose Faktor Alpha“ (TNF-a). Aufgrund dieser Wirkung auf das Immunsystem könne Enbrel natürlich auch unerwünschte Nebenwirkungen haben, wenn man es dem Körper zuführt: So senke es bekanntlich die Abwehrkraft gegenüber ernsten Infektionskrankheiten und erhöhe das Risiko für eine Lymphkrebsart (Lymphom). Demgegenüber sei bei Patienten, die von sich aus stark erhöhte TNF-a-Werte haben, das Risiko für eine Reihe von Autoimmunkrankheiten erhöht (wie zum Beispiel rheumatische Arthritis, Morbus Crohn und Schuppenflechte).
Normalerweise besteht zwischen asthmatischen Erkrankungen und TNF-a kein Zusammenhang, erläutert Howarth. Nur wenn Asthma zur schweren Verlaufsform fortschreitet, entwickelt es offenbar neue bzw. zusätzliche Eigenschaften, die dann auch auf die Bildung von TNF-a Einfluss nehmen. Wie eine vorläufige Studie an 51 schweren Asthmatikern, 26 Gesunden und 67 Patienten mit Asthma eines mittleren Schweregrads gezeigt hat, haben schwere Asthmatiker stark erhöhte TNF-a-Werte – und zwar vor allem in einem bestimmten Typ der Immunzellen, die an den Asthma-typischen Entzündungsreaktionen in der Lunge beteiligt sind. Diese erhöhten TNF-a-Werte bei schweren Asthmatikern könnten darauf hinweisen, dass ihre Erkrankung einen fortgeschrittenen, eher Asthma-untypischen und eigentümlichen Verlauf genommen hat, so dass sie kaum noch mit Corticosteroiden zu behandeln ist. Vielleicht aber mit dem Wirkstoff Enbrel, so hoffen die Forscher. Wenn künftige, größer angelegte Untersuchungen die bisherigen Ergebnisse - insbesondere im Hinblick auf Nebenwirkungen und Wirksamkeit - bestätigen sollten, dann könnte das Medikament Enbrel künftig möglicherweise einen neuen Therapieansatz für Patienten mit schwerem Asthma darstellen.
Quellen:
- www.medscape.com/viewarticle/515200_print
- http://thorax.bmjjournals.com/cgi/content/abstract/thx.2005.045260v1