Krebspatienten sollten schneller von Forschungsergebnissen profitieren können. Das ist auch das Ziel der gerade ausgerufenen Nationalen Dekade gegen Krebs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Wie Künstliche Intelligenz (KI) in naher Zukunft die Heilungschancen für Krebspatienten verbessern könnte, zeigt die Plattform Lernende Systeme in ihrem neuen Anwendungsszenario „Mit KI gegen Krebs“. Das Szenario veranschaulicht, wie Ärztinnen und Ärzte mithilfe KI-basierter Assistenzsysteme auf weltweite medizinische Informationsquellen zugreifen - von der Vorsorge über die Diagnose bis hin zur Therapie – und so auf der Grundlage neuesten Wissens die Überlebenschancen eines Lungenkrebspatienten steigern können.
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Fast 500.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Krebs, rund 220.000 sterben daran. Eine der häufigsten Krebsarten ist der bösartige Lungentumor, bei dem nur etwa jeder fünfte Patient den Fünf-Jahres-Zeitraum nach der Diagnose überlebt.
Im Zentrum des Anwendungsszenarios „Mit Künstlicher Intelligenz gegen Krebs", das die Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme erarbeitet hat, steht ein KI-basiertes Assistenzsystem, welches in rund fünf Jahren Ärztinnen und Ärzte bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen soll. Über eine Datenplattform werden medizinisches Wissen, neueste Leitlinien und weltweite, anonymisierte Patientendaten miteinander verknüpft. Auch die individuellen Daten eines Patienten fließen auf dessen Wunsch in die Plattform ein. Künstliche Intelligenz ermöglicht es, die riesigen Mengen an Versorgungsdaten und den stark wachsenden Wissensschatz auszuwerten und zu analysieren. Mithilfe dieser Ergebnisse können Ärztinnen und Ärzte ihre Patienten maßgeschneidert beraten und so möglicherweise die Prävention, Früherkennung und Behandlung von Lungenkrebs verbessern.
„Wir stehen vor der Herausforderung, die Patientendaten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen“, berichtet Klemens Budde, Oberarzt an der Charité Berlin und Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme. „Im Moment liegen die Daten in Datensilos, das heißt die Hausärzte, die Krankenhäuser oder die Krankenkassen verfügen jeweils nur über ihre eigenen Daten. Um die Daten auf einer Plattform zu sammeln, brauchen wir die Zustimmung des Patienten zur freiwilligen Datenspende. So können wir diese Daten in anonymisierter Form für Forschungszwecke oder zur Verbesserung der Heilungschancen für Krebspatienten verwenden.“
Auch CT-Bilder der Lunge lassen sich mit Künstlicher Intelligenz genauer auswerten: Neuronale Netzwerke werden mit mehreren tausend Präzedenzfällen darauf trainiert, lokale Abweichungen vom gesunden Zustand des Gewebes zu entdecken. Bei Operationen werden KI-basierte Navigationssysteme den Chirurgen unterstützen, indem sie zum Beispiel warnen, wenn der Arzt einem wichtigen Blutgefäß zu nahekommt.
Damit Lernende Systeme in Zukunft den Krebspatienten zu Gute kommen können, sind noch einige rechtliche und technologische Herausforderungen zu meistern. Wie schützen wir die personenbezogenen Daten vor Missbrauch? Wer haftet für mögliche Fehleinschätzungen Lernender Systeme? Und wie können die Einschätzungen von KI-Systemen transparent und nachvollziehbar werden? Diesen Fragen widmen sich die Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme in ihren Handlungsempfehlungen, die Mitte 2019 vorliegen sollen.
Mit den Anwendungsszenarien wagen Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme einen Blick in die nahe Zukunft. Anhand ausgewählter Themen wollen sie aufzeigen, was in wenigen Jahren mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz technologisch möglich sein könnte, was sich für den Menschen verbessern könnte und welche Fragen noch zu klären sind. Ein zweites Szenario, das in Kürze veröffentlicht wird, zeigt, wie Lernende Systeme Rettungskräfte bei Unglücksfällen und Katastrophen unterstützen könnte.
Quelle: Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz