Vor der Einführung von Röntgen, Elektro- und Echokardiografie waren Ärzte bei der Untersuchung von Lungen und Herz ganz auf ihre Ohren angewiesen. Bei der Auskultation wiesen ein Pfeifen („wheeze“) und der Stridor bei der Atmung z. B. auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin. Feuchte Rasselgeräusche (“crackles“) waren ein Hinweis auf eine Lungenentzündung, während trockene Rasselgeräusche („rhonchi“) bei Lungenfibrose und Lungenödem zu hören waren.
Heute gibt es bessere diagnostische Möglichkeiten, und die Auskultation ist bestenfalls zu einer Untersuchung am Krankenbett geworden, mit der sich der Arzt einen schnellen Eindruck über den Zustand des Patienten machen kann. Mit digitalen Stethoskopen ist es heute möglich, das Untersuchungsergebnis drahtlos an ein Smartphone oder Tablet zu übermitteln.
Ingenieure des Georgia Institute of Technology in Atlanta/Georgia haben jetzt ein miniaturisiertes Stethoskop entwickelt, das erstmals eine Langzeitaufzeichnung der Auskultation ermöglicht. Das Gerät ist etwas größer als ein Geldstück und kann dem Patienten auf Brust oder Rücken geklebt werden. Im Unterschied zu den konventionellen Stethoskopen besteht es aus weichen Silikonen und Kunststoffen (Polyimide), die einen engen Kontakt auf der Haut auch bei Bewegungen sicherstellen.
Das in Science Advances (online seit 25.5.2022) vorgestellte Gerät hat bei einer ersten Anwendung verschiedene Geräusche der Atemwege zuverlässig erkannt. Bei 20 Patienten mit unterschiedlichen Lungenerkrankungen wurden „wheeze“ und Stridor, “crackles“ und „rhonchi“ nach Angabe von Yeo mit einer Genauigkeit von 94,78 % identifiziert.
Das Eindringen von Luftbläschen, die die Aufzeichnung der Herz- und Atemgeräusche stören könnten, wird nach Angaben der Forschenden um Woon-Hong Yeo vermieden. Eine Software filtert Außengeräusche heraus, die normalerweise die Auskultation erschweren oder unmöglich machen. Dies trifft offenbar auch auf das Sprechen und Bewegungen wie Gehen oder sogar Laufen zu.
Quelle: aerzteblatt.de am 31.5.2022