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Mehrzahl der Raucher ist chronisch Lungenkrank

Trotz unauffälliger Lungenfunktion sind bei vielen Rauchern häufig schon deutliche Lungenschäden nachweisbar.

Deutlich mehr Raucher als bisher angenommen – nämlich rund 80 anstatt der mit gängigen Diagnosetests ermittelten ca. 50 Prozent – entwickeln eine so genannte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die mit fortschreitenden Lungenschäden einhergeht. Das ist das Ergebnis einer Studie der US-amerikanischen Lungenfachklinik National Jewish Health mit mehr als 8.800 Rauchern, an der auch ein Radiologe des Universitätsklinikums Heidelberg beteiligt war (siehe JAMA Internal Medicine, Online-Veröffentlichung am 22.6.15): Prof. Dr. Hans-Ulrich Kauczor, Ärztlicher Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie in Heidelberg, wertete computertomographische Aufnahmen der Studienteilnehmer aus. Er hat sich auf die Weiterentwicklung der Lungenbildgebung spezialisiert und leitet die „Imaging-Plattform“ am Deutschen Zentrum für Lungenforschung.

Selbst bei Rauchern, deren Lungenfunktionstest unauffällig ausfiel und die daher als gesund eingestuft wurden, fand der Experte Gewebeschäden: „Das Ergebnis zeigt ganz klar: Die Mehrheit der Raucher ist chronisch lungenkrank – auch wenn viele von ihnen nichts bemerken und davon ausgehen, dass es sie nicht betrifft.“ Ohne Behandlung schreitet die COPD allerdings unaufhaltsam weiter fort.

Hierzulande leiden rund acht Millionen Menschen an COPD. Jedes Jahr sterben über 100.000 an den Folgen des schleichenden Lungenversagens. Rund 90 Prozent der Betroffenen sind oder waren Raucher. Symptome wie Kurzatmigkeit oder morgendlicher Husten werden oftmals nicht ernst genommen. Hat sich das Lungengewebe aber erst einmal krankhaft verändert, kann dies nicht mehr rückgängig gemacht werden. Je früher die Therapie einsetzt, desto besser können weitere Schäden hinausgezögert werden. Eine Heilung ist aber nicht möglich.

Die Wissenschaftler um Prof. Dr. James Crapo und Dr. Elisabeth Regan vom National Jewish Health in Denver untersuchten 8.872 aktive und ehemalige Raucher im Alter zwischen 45 und 80 Jahren. Alle hatten mindestens zehn Jahre lang mindestens eine Packung Zigaretten pro Tag (zehn Packungsjahre), die meisten deutlich mehr geraucht. Bei rund der Hälfte der Teilnehmer fanden sich beim Lungenfunktionstest keine Anzeichen einer COPD. Ihre Lungen wurden als gesund eingestuft.
Zusätzliche Untersuchungen zeichneten allerdings ein anderes Bild: Bei 42 Prozent der zuvor als gesund eingestuften Teilnehmer zeigten CT-Untersuchungen Veränderungen der Atemwege oder aufgeblähte Lungenabschnitte (Lungenemphysem). 23 Prozent litten unter Atemnot, 15 Prozent schafften beim Gehtest weniger als 350 Meter in sechs Minuten. In einem Fragebogen überschritt ein Viertel von ihnen einen Wert, der eine klinisch relevante Einschränkung der Lebensqualität markiert. Insgesamt war bei mehr als der Hälfte (55 Prozent) die Lungengesundheit in irgendeiner Form beeinträchtigt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies frühe Anzeichen einer COPD sind.

Einschränkungen im Lungenfunktionstest signalisieren, dass bereits ein Viertel des Lungengewebes zerstört ist. Bis dahin bleibt viel Raum für erhebliche Schäden, die Betroffene nicht bewusst wahrnehmen oder wahrnehmen wollen. Deshalb ist es nach Ansicht der Studienautoren wichtig, Raucher durch entsprechende Beratung zu sensibilisieren. Außerdem sollte bei Rauchern die Therapie der COPD, z.B. in Form von Sprays zum Inhalieren, bei entsprechenden Beschwerden schon früher als bisher einsetzen, auch wenn der Lungenfunktionstest noch keinen Anlass zur Sorge gibt. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass der Patient das Rauchen aufgibt, weil die Behandlung sonst keinen Erfolg hat.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg