Auch späte Frühchen, die in der 37. anstatt 39. oder 40. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen, haben ein erhöhtes Risiko, als Neugeborene Atemprobleme bzw. Lungenfunktionsstörungen zu erleiden. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne unter Berufung auf eine aktuelle US-Studie (siehe The Journal of the American Medical Association (JAMA), 2010, Band 304(4), Seite 419-425) aufmerksam. „Eine typische Folge von Frühgeburten ist das Atemnotsyndrom, das auf einer Reifestörung der Lunge beruht“, erläutert Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der DGP und Leiter der Lungenklinik Kloster Grafschaft im sauerländischen Schmallenberg. „Solche Atemnotsyndrome treten in der 37. Schwangerschaftswoche zum Beispiel immer noch dreimal häufiger auf als nach einer termingerechten Geburt in der 39. bis 40. Woche. Auch das Risiko für andere respiratorische Komplikationen – wie Lungenentzündungen, akutes Atemversagen und die Notwendigkeit einer Beatmung – ist ebenfalls bei späten Frühgeburten noch deutlich erhöht.“
Wunsch-Kaiserschnitte erhöhen die KomplikationsrateMittlerweile kommen 9 Prozent aller Kinder in den USA als späte Frühchen auf die Welt – das hat die oben genannte Studie ermittelt. „Dieser relativ hohe Anteil ist auch auf die steigende Anzahl von Kaiserschnitten zurückzuführen, die auf Wunsch der Mütter vor dem Einsetzen der spontanen Wehen und oftmals auch schon vor der 38. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden“, gibt Köhler zu bedenken. „Allerdings haben auch Kinder, die vor dem Einsetzen der Wehen per Kaiserschnitt geholt werden, mehr Schwierigkeiten mit den ersten Atemzügen und weitere Atemfunktionsstörungen, als Kinder, die normal (d.h. über den vaginalen Geburtskanal oder per Notkaiserschnitt, nachdem bereits die Wehen eingesetzt haben) entbunden werden. Das gilt sogar auch dann, wenn der Kaiserschnitt zeitlich nah am errechneten Geburtstermin vorgenommen wird. Grund dafür ist der beim Kaiserschnitt fehlende Katecholamin-Stoß - also Stresshormone, die bei einer normalen, vaginalen Geburt von der Mutter auf Grund der Wehen und Schmerzen beim Durchtritt des Kindes durch den Geburtskanal (oder auch - nach Einsetzen der Wehen - bei einem Not-Kaiserschnitt) ausgeschüttet werden und eine natürliche Begleiterscheinung darstellen. Allerdings sind Katecholamine auch für die Entfaltung der Lungen des Neugeborenen erforderlich. So sorgen sie bei einer vaginalen Geburt dafür, dass weniger Flüssigkeit in die Lungen des Kindes abgesondert wird und gleichzeitig die Bildung eines wichtigen Schutzfilms angekurbelt wird – nämlich des so genannten Surfactants, der die Lungenbläschen weitet und dem Kind die ersten Atemzüge erleichtert. Insofern kann man Müttern einen Kaiserschnitt zum Wunschtermin, um den einsetzenden Wehen zu entgehen, der Gesundheit ihrer Neugeborenen zuliebe nicht empfehlen“, betont Köhler.