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Mangelnde Befeuchtung der Atemwege erhöht Risiko für die Entstehung von Asthma

Wenn die Selbstreinigungsfunktion der Atemwege durch zu trockenes Sekret beeinträchtigt ist, können eingeatmete, allergieauslösende Stoffe leichter zur Entwicklung von allergischem Asthma führen.

Werden allergieauslösende Stoffe wie z.B. Partikel von Hausstaubmilben oder Schimmelpilzsporen eingeatmet, kann das vor allem dann zur Entwicklung eines allergischen Asthma bronchiale führen, wenn die Selbstreinigungsfunktion der Atemwege durch zu trockenes Sekret beeinträchtigt ist. Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler des Zentrums für Translationale Lungenforschung Heidelberg jetzt im Tiermodell nachgewiesen (siehe The Journal of Allergy and Clinical Immunology, Online-Veröffentlichung am 16.11.2016). Sie entdeckten außerdem, dass die allergische Reaktion in den Atemwegen nicht, wie bisher angenommen, von fehlregulierten Immunzellen, sondern in erster Linie von den Zellen der Atemwegsschleimhaut selbst ausgelöst wird.

Das Team um Prof. Dr. Marcus Mall, Direktor der Abteilung Translationale Pneumologie, schlägt zudem eine neue Behandlungsstrategie vor: Eine Inhalationstherapie mit einem Wirkstoff, der für eine bessere Befeuchtung des Lungensekrets sorgt. Diese konnte die allergische Atemwegsentzündung im Tierversuch deutlich reduzieren.

Asthma zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland: Rund 10% aller Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen sind betroffen. Als Reaktion auf allergieauslösende Stoffe in der Atemluft verengen sich beim allergischen Asthma die Bronchien, die Schleimhäute der Atemwege schwellen an und sondern verstärkt Sekret ab - es entsteht eine chronische Entzündung. Wie es genau zu dieser überschießenden, auf die Lunge beschränkten Immunantwort kommt, war bisher noch wenig verstanden.

Die jetzt veröffentlichte Arbeit entstand in enger Kooperation mit Kollegen der Sektion Pädiatrische Pneumologie und Allergologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg und wurde vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) gefördert.

Die Heidelberger Wissenschaftler untersuchten, welche Rolle die Befeuchtung des Atemwegsekrets bei der Entstehung von Asthma spielt. Die Untersuchungen an Mäusen, deren Bronchien aufgrund eines genetischen Defekts mit eher trockenem Schleim ausgekleidet sind, ergaben: Atmen diese Tiere Allergene von Hausstaubmilben oder Schimmelpilzen ein, so entwickeln sie eine um ein Vielfaches stärkere allergische Atemwegsentzündung als Mäuse mit normal befeuchteten Atemwegen. „Sind die Atemwegsoberflächen zu gering befeuchtet und dadurch die Reinigungsfunktion der Lunge gestört, ist das anscheinend ein entscheidender Risikofaktor für die Entstehung des allergischen Asthma“, schlussfolgert Mall.

Ist das Sekret in den Atemwegen zu zäh, können es die Flimmerhärchen, die für die Reinigung der Atemwege zuständig sind, nicht mehr mitsamt der darin gebundenen Staubpartikel und Allergene aus der Lunge transportieren. Die Reizstoffe sammeln sich in den Atemwegen an und kommen in Kontakt mit der Atemwegsschleimhaut. Darauf reagiert diese empfindlich: Werden die Allergene nicht ordnungsgemäß aus der Lunge abtransportiert, schütteten die Zellen der Atemwegsschleimhaut Botenstoffe wie Interleukin-13 (IL-13) aus und aktivierten damit bestimmte Immunzellen (T-Helferzellen Typ 2), wie das Team beobachtet hat. Die Entzündung kommt in Gang.

„Das ist eine neue Erkenntnis: Die allergische Entzündung in der Lunge geht nicht auf eine primäre Fehlfunktion der Immunzellen zurück. Diese reagieren vielmehr auf den Hilferuf der Schleimhautzellen. Solange die eingeatmeten Allergene effektiv aus der Lunge entfernt werden können, senden die Schleimhautzellen dieses Signal nicht aus. Dadurch fällt die Immunantwort trotz gleicher Belastung mit Allergenen deutlich geringer aus", erklärt Mall.

Wurde die Befeuchtung des trockenen Schleims und damit der Abtransport der Allergene durch Inhalation mit einem Wirkstoff (Amilorid) verbessert, wurde in den Atemwegen nur noch wenig IL-13 freigesetzt und die allergische Atemwegsentzündung war deutlich reduziert. „Das ist eine neue kausale Behandlungsstrategie, die auch bei Patienten mit allergischem Asthma effektiv sein könnte“, so der Kinder-Pneumologe. Gängige Therapien lindern lediglich die Symptome: Sie lösen die verkrampfte Muskulatur der Bronchien und unterdrücken die Entzündung.

Insofern könnte diese neue Behandlungsstrategie einen wichtigen Fortschritt darstellen. Ob sie bei Patienten mit Asthma genauso effektiv ist wie im Tiermodell, muss jedoch erst noch in klinischen Studien untersucht werden.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg