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Lungenkrebs-Screening: Welche Früherkennung ist sinnvoll?

Ein Screening auf Lungenkrebs verringert die Lungenkrebssterblichkeit und ist in einer definierten Risikogruppe machbar. Eine Überdiagnostik ist aber zu vermeiden. Neben dem möglichen CT sollte auch eine Raucherentwöhnung durchführt werden. Dies betonte Prof. Dr. med. Felix Herth, Chefarzt der Abteilung Pneumologie und Beatmungsmedizin an der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg, auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 60. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

Das Lungenkarzinom ist die Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeit weltweit. Problematisch ist insbesondere die Tatsache, dass ein Großteil der Erkrankungen (circa 65 Prozent) erst im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium diagnostiziert wird. Eine Heilung ist in diesen Stadien kaum zu erreichen. Demgegenüber haben frühere (meist symptomfreie) Stadien eine deutlich bessere Prognose. Der effektivste Ansatz, das Auftreten von Lungenkrebs zu verhindern, wäre der Verzicht auf das Zigarettenrauchen. Leider führen politische, gesellschaftliche und vor allem ökonomische Rahmenbedingungen dazu, dass dieser Weg allenfalls halbherzig verfolgt wird.

Mit Entwicklung der niedrig-dosierten Computertomografie (Low-Dose-CT oder LDCT), bei der nur etwa ein Zehntel der bei einer CT üblichen Strahlung frei wird, wurden erste Screening-Studien durchgeführt, die zeigen, dass mit dieser Technik Frühkarzinome detektiert werden können. 2011 wurden die Ergebnisse des amerikanischen National Lung Screening Trial (NLST) veröffentlicht. In dieser Studie wurden 53.454 US-amerikanische Patienten mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko (55 bis 74 Jahre alt, mindestens 30 Packungen Zigaretten/Jahr geraucht) entweder einem jährlichen LDCT oder einer Röntgen-Thoraxaufnahme unterzogen und dies in drei aufeinanderfolgenden Jahren. Die LDCT führte gegenüber der Röntgen-Thoraxaufnahme zu einer relativen Risikoreduktion für das Versterben an einem Lungenkarzinom von 20 Prozent.

Im in den Niederlanden und in Belgien durchgeführten NELSON Trial wurden etwas andere Screeningintervalle (ein Jahr, zwei Jahre, vier Jahre und 6,5 Jahre) und volumetrische CT-Messungen vorgenommen. Das Patientenkollektiv war dem des NLST sehr ähnlich (Alter 50 bis74 Jahre, mindestens 15 Packungen Zigaretten/Jahr, nicht länger als zehn Jahre Ex-Raucher). 15.792 Patienten wurden per Zufallsprinzip auf die verschiedenen Gruppen verteilt (randomisiert) und erhielten entweder ein LDCT-Screening oder kein Screening. Nach zehn Jahren betrug die Reduktion des relativen Risikos, an einem Lungenkarzinom zu versterben, für Männer 26 Prozent und für Frauen sogar 39 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass das Screening die Überlebensrate bei Frauen sogar noch positiver beeinflusst. Durch LDCT wurden somit fast sieben von zehn Lungenkrebsfällen durch das Screening bereits in Stadium 1A oder 1B entdeckt. Maximal 19,2 Prozent der Patienten hatten einen kontrollbedürftigen Befund. Nur 2,3 Prozent der Patienten mussten sich einer invasiven, diagnostischen Maßnahme unterziehen. Die Studie ist die zweitgrößte ihrer Art weltweit und zeigt nach Ansicht der Wissenschaftler deutlich, dass ein CT-Screening bei Risikopatienten effektiv zur Früherkennung von Lungenkrebs beitragen kann. Wird verdächtiges Gewebe frühzeitig erkannt und chirurgisch entfernt, könne dies auch die Heilungschancen verbessern.

Aufgrund der Ergebnisse plädiert auch die European Respiratory Society (ERS) an die Länder der Europäischen Union, möglichst bald ein Lungenkrebs-Screening-Programm für Hochrisikopatienten einzuführen. Die Daten sind insbesondere für Frauen überzeugend, die Rate an falsch positiven Befunden war etwas niedriger als im National Lung Screening Trial (NLST). Ausstehend sind die Daten der deutschen LUSI-Studie. Bei der Studie wurden knapp 4 000 Probanden randomisiert. Die Ergebnisse werden 2019 erwartet. Sicher ein Hauptdiskussionspunkt ist die Anzahl von falsch positiven Befunden. Je nach Studie betrug diese bis zu 90 Prozent. Hier steht mit der zum Beispiel in der NELSON- und der LUSI-Studie zusätzlich angewandten Volumetrie ein Verfahren zur Verfügung, welches dieses Problem reduzieren könnte. Es werden die Ergebnisse der automatischen Analyse vom Radiologen einzeln bestätigt oder eliminiert. Die verbliebenen Herde werden segmentiert und volumetriert. Das Volumen und der Durchmesser bestimmen dann aufgrund vorgegebener Entscheidungswege das weitere Vorgehen. Die Wertigkeit dieser Algorithmen kann allerdings erst nach deren Publikation beurteilt werden.

Des Weiteren sollte auch ein Raucherentwöhnungsprogramm verpflichtend in ein mögliches Szenario eingebunden werden, denn dessen Nutzen ist bekannt. In den bisherigen Studien war dies keine Verpflichtung, obwohl es Publikationen gibt, die den positiven Effekt eines begleitenden Raucherentwöhnungsprogrammes untersucht hatten. Nach sieben Jahren Rauchstopp konnte das individuelle Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, in einer Größenordnung vergleichbar zu einem CT-Screening reduziert werden.

Aufgrund der verfügbaren Daten ist davon auszugehen, dass in Deutschland bereits CT-Untersuchungen zur Lungenkrebs-Früherkennung als sogenanntes „graues“ Screening angeboten und nachgefragt werden. Allerdings gehen Früherkennungsmaßnahmen und deren Abklärung auch mit einer Strahlenbelastung für den Patienten einher und zeigen auch falsch positive Befunde. Diese ungünstigen Eigenschaften werden vom Laien oftmals negiert und sind mutmaßlich antiproportional zur Qualität der Gesamtmaßnahme. Um dem nachvollziehbaren Wunsch nach früherer Diagnosestellung mittels Lungenkrebs-Screening nachkommen zu können, gilt es daher, eine qualitätsgesicherte Untersuchungskette zur individuellen Früherkennung von Lungenkrebs mittels Niedrigdosis-CT zu definieren, die die Umsetzbarkeit im deutschen Gesundheitssystem vom Hausarzt, Pneumologen, Radiologen bis zum Lungenkrebszentrum abbildet.

Zusammenfassung:

·         Lungenkrebs-Screening in einer definierten Risikogruppe ist machbar und reduziert die Lungenkrebssterblichkeit

·         Diskussionspunkt sind die hohe Zahl an falsch positiven Befunden, ein mögliches Risiko durch die methodische applizierte Strahlendosis und fehlende Untersuchungen bezüglich der Kosteneffektivität.

·         Im Falle einer Implementierung bedarf es in Deutschland einer qualitätskontrollierten Struktur, um eine Überdiagnostik zu vermeiden.

·         Neben dem möglichen CT sollten Probanden unbedingt einer Raucherentwöhnung zugeführt werden.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)