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Lungenkrebs-Behandlung passgenau zuschneiden

Eine spezielle Erbgutanalyse (kombinierte DNA- und RNA-Analytik) zur Erkennung genetischer Veränderungen im Tumor kann die Routinediagnostik verbessern, eine zielgenaue Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) ermöglichen und neue Behandlungsansätze eröffnen.

Aussagekräftige Daten zu genetischen Veränderungen im Tumor sind die Basis einer erfolgreichen zielgerichteten Therapie. Die Teams um Prof. Dr. Albrecht Stenzinger vom Institut für Pathologie und Prof. Dr. Michael Thomas von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg untersuchten in einer Studie Gewebeproben von 3.000 Lungenkrebs-Patientenmit einer kombinierten DNA- und RNA-Analytik. Anhand dieser über aktuelle internationale diagnostische Standards und Leitlinien hinausgehenden Diagnostik konnten sie Hochrisikopatienten frühzeitig erkennen, die Behandlung verbessern und Hinweise auf neue Therapieansätze gewinnen siehe International Journal of Cancer, Online-Vorabveröffentlichung am 17.1.2019). Die Analysen von Mutationen und Genfusionen basieren auf der so genannten Next-Generation Sequencing-Technik - hierbei werden Millionen von DNA- und RNA-Fragmenten gleichzeitig analysiert - und benötigen nur kleinste Mengen an Gewebe.

Neue zielgerichtete Krebstherapien, also Medikamente, die sich gezielt gegen Tumorzellmerkmale richten und dadurch deren Wachstum bremsen, entwickeln sich rasant. Dadurch steigen die Anforderungen an die Molekulardiagnostik, die wichtige Daten für die patientenspezifische Behandlung liefert. „Zielgerichtete Therapien können nur dann erfolgreich sein, wenn sie passgenau auf den Tumor des einzelnen Patienten zugeschnitten sind“, erklärt Prof. Albrecht Stenzinger vom Molekularpathologischen Zentrum. „Ähnliche Entwicklungen werden wir in naher Zukunft auch im Bereich der Immunonkologie erleben.“ Hier greifen Medikamente nicht den Tumor selbst an, sondern aktivieren das Immunsystem, Krebszellen zu bekämpfen.

In der Heidelberger Studie wurden 3.000 Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC Stadium IIIb und IV) mittels Next-Generation Sequencing untersucht. Die Analysen umfassten zum einen DNA-Regionen, die das Tumorwachstum fördern und als Angriffspunkt verschiedener zielgerichteter Therapien gelten (u.a. EGFR, BRAF) oder Biomarker, die eine verbesserte Prognoseabschätzung und Therapievorhersage auch für Immuntherapien ermöglichen können. Zum anderen wurden mittels RNA-Sequenzierung sogenannte Genfusionen analysiert, Veränderungen, die das Tumorwachstum vorantreiben und derzeit Zielscheibe für Therapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren sind. „Die Analyse von Genfusionen auf RNA-Ebene ist im Gegensatz zu herkömmlichen Diagnostikverfahren sensitiver und genauer, weil die tatsächlich transkribierten, also im Patienten auch wirklich aktiven Gene bestimmt werden“, erläutert Prof. Stenzinger. Damit lassen sich unter anderem Hochrisikogruppen identifizieren.

Die kombinierte DNA/RNA-Analyse ist mit kleinsten Probenmengen im Rahmen der Routinediagnostik durchführbar. „Durch eine gezieltere Auswahl der Therapie lässt sich beim Lungenkarzinom die Ansprechrate auf die Therapie sowie die Zeit ohne Fortschreiten der Erkrankung - im Vergleich zur Chemotherapie - zumindest verdreifachen“, betont Prof. Dr. Michael Thomas von der Thoraxklinik.

Lungenkrebs zählt weltweit zur häufigsten Ursache für Tod durch Krebs, wobei etwa 80 bis 85 Prozent aller Fälle zum Typ des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) gehören. Die Lebenserwartung liegt im fortgeschrittenen Stadium trotz Chemotherapie unter 1,5 Jahren. Einige Patienten profitieren von der Entwicklung der Tyrosinkinase-Inhibitoren, andere von Ansätzen aus der Immunonkologie, wie den Checkpoint-Inhibitoren. Zur Verbesserung der Lebenserwartung aller Patienten sind dringend weitere Therapieansätze erforderlich.

„Unsere Analysen erlauben einen tiefen Blick in die molekularen Grundlagen der einzelnen Erkrankung. Das ermöglicht nicht nur eine verbesserte Therapieauswahl, sondern auch die Entwicklung neuer translationaler Ansätze für die Zukunft“, fasst Prof. Dr. Thomas zusammen.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg