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Lungenärzte fordern Kostenerstattung der Tabakentwöhnung für entwöhnungswillige Raucher

Tabakentwöhnung ist die wirksamste und kosteneffektivste Maßnahme, um die erheblich erhöhte Morbidität und Mortalität von Rauchern zu beeinflussen. Deshalb plädieren die Lungenärzte des Bundesverbands der Pneumologen (BdP) dafür, dass entwöhnungswillige Raucher die Kosten für eine Tabakentwöhnung (Verhaltenstherapie und medikamentöse Unterstützung) von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekommen. Um zu erfahren, wie unsere Politiker zu einer dafür erforderlichen Gesetzesänderung stehen, haben sie den Parteien einen Wahlprüfstein-Fragenkatalog vorgelegt. Deren Antworten lassen eine spannende nächste Legislaturperiode vermuten.

Die Lungenärzte des Bundesverbands der Pneumologen (BdP) plädieren dafür, dass entwöhnungswillige Raucher die Kosten für eine Tabakentwöhnung (Verhaltenstherapie und medikamentöse Unterstützung) von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekommen. „Tabakentwöhnung ist die wirksamste und kosteneffektivste Maßnahme zur Beeinflussung der Morbidität und Mortalität überhaupt“, betont Dr. Thomas Hering, Vorstandsmitglied des BdP und praktizierender Lungenfacharzt in Berlin. „Das gilt insbesondere für Patienten mit Herz-Gefäß-Erkrankungen, erhöhtem Herzinfarkt-Risiko sowie chronischen Lungenerkrankungen wie COPD (chronisch-obstruktiver Bronchitis mit oder ohne Lungenemphysem) und gesteigertem Risiko für das Bronchialkarzinom. Dass Raucher zudem durchweg höhere Gesundheitskosten im Vergleich zu Nichtrauchern verursachen, wurde erst vor kurzem wieder in einer aktuellen Studie (siehe BMC health services research 2013, Band 13, Seite 278) aufgezeigt.“

Medikamentöse Unterstützung der Tabakentwöhnung nicht als Lifestyle-Leistung einzustufen

Eigentlich hatte der Gemeinsame Bundesausschuss bereits 2012 entschieden, dass die Tabakentwöhnung zumindest Patienten in den Disease Mangement Programmen (DMP) ‚Asthma‘ und ‚COPD‘ zur Erstattung angeboten werden soll. Dieser Beschluss wurde allerdings vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beanstandet mit der Begründung, dass er gegen §34 SGB V verstoße. „In diesem Paragraphen wird – im Kontrast zur Leitlinien-Lage und wissenschaftlichen Evidenz – die medikamentöse Unterstützung als Lifestyle-Leistung wie ein Haarwuchsmittel oder Mittel zur Besserung der erektilen Dysfunktion eingestuft und von der Erstattung ausgeschlossen“, erläutert Dr. Hering. „Der Gemeinsame Bundesausschuss hat hiergegen zwar Klage eingereicht, betreibt dieses aber ganz offensichtlich halbherzig, da bis dato eine Klagebegründung nicht vorgelegt wurde.“

Politikern wurde Wahlprüfstein-Fragenkatalog vorgelegt

Nun fragen sich die Lungenärzte, was in der nächsten Legislaturperiode in Sachen Kostenerstattung der Tabakentwöhnung von den Parteien für eine Gesetzesänderung zu erwarten ist. Deshalb hat Dr. Hering den Angehörigen des Gesundheitsausschusses des Bundestages sowie den gesundheitspolitischen Sprechern und den Parteien ein Wahlprüfstein-Fragenkatalog vorgelegt, der folgende Fragen beinhaltete (die hier für diese Zusammenfassung sinngemäß verkürzt wiedergegeben werden):

  1. Wie stehen Sie zur Aufnahme der Tabakentwöhnung in den GKV-Leistungskatalog?
  2. Sollten hier ggf. einschränkende Kriterien vorgegeben werden?
  3. Wie beurteilen Sie die Beanstandung des BMG im Hinblick auf die GBA-Entscheidung zur Erstattung?
  4. Welche Möglichkeiten und Aktivitäten stellen Sie sich im Hinblick auf die Herabsetzung von Tabak-assoziierten Risiken vor?

Besteht nun Hoffnung auf eine Gesetzesänderung bei der Erstattung der Tabakentwöhnung?

Was angesichts der Antworten der Parteien (siehe Auflistung unten) in der nächsten Legislaturperiode zu erwarten ist, fasst Dr. Hering folgendermaßen zusammen: „In den großen Parteien gibt es eine klar erkennbare Bereitschaft, den untragbaren §34 SGB V zu korrigieren und damit das entscheidende Hindernis für die Einführung der Tabakentwöhnung als Kassenleistung zumindest innerhalb der DMP zu ermöglichen. Sofern die hier wiedergegebenen Stimmen die tatsächlichen Strömungen der Parteien realistisch abbilden sollten, wäre bei einer Fortsetzung von Schwarz-Gelb insbesondere dann, wenn die FDP das Gesundheitsressort wieder besetzen sollte, wahrscheinlich aber nur ein zögerliches Vorgehen zu erwarten. Anders könnte die Lage sein, wenn SPD und Grüne in der Regierung die Mehrheit erhalten, da hier die Meinungsführer zur Thematik ein klares Commitment für die Gesetzesänderung abgegeben haben. Schlussendlich wäre eine große Koalition möglich, in der grundsätzlich kein expliziter Widerstand gegen eine Gesetzesänderung zu erkennen ist. Die teils heterogenen Stimmen - insbesondere in der CDU – zeigen allerdings, wie dringlich Wissensdefizite unserer Politiker korrigiert werden müssen. Aus den Reihen des Spitzenverbandes der Krankenkassen ist inzwischen ein Umdenken in Richtung Tabakentwöhnung zu vernehmen – wir dürfen also einer spannenden nächsten Legislaturperiode entgegensehen."

Das haben die Parteien geantwortet:

Im Folgenden werden die Antworten der Parteien - hier nach aktueller Prozent-Bedeutung (‚Sonntagsfrage‘) geordnet und sinngemäß verkürzt - wiedergegeben:

CDU:
Der Tenor der CDU-Antworten beinhaltet, dass die Tabakentwöhnung sinnvoll ist, wenn Abhängigkeit (ICD F 17.2) gesichert ist und der Patient entwöhnungswillig ist sowie bereits Ausstiegsversuche stattgefunden haben. Rudolf Henke schreibt, dass die Mitglieder der AG Gesundheit seiner Fraktion seine grundsätzliche Sympathie teilen und deswegen in der kommenden Legislaturperiode „Fortschritte erzielt werden können“. Neben der Sympathie für die Entwöhnung möchte er Werbeverbote, Steuererhöhungen, Zugangsbeschränkungen zu Tabakwaren und Warnhinweise verstärken.
Michael Heinrich und Maria Michalk betonen allerdings die Eigenverantwortung und die Kostenbeteiligung der Patienten bzw. sind (Maria Michalk) komplett gegen die Aufnahme der Entwöhnung in den Leistungskatalog.

CSU:
Für die CSU teilte Wolfgang Zöller, gleichzeitig Patientenbeauftragter der Bundesregierung, mit, dass er keine Zeit für die Beantwortung des Wahlprüfstands fand. Er habe ihn an die CSU-Landesgruppe mit der Bitte um Bearbeitung weitergeleitet.

SPD:
Frau Angelika Graf, Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion teilt mit, dass sie den Wahlprüfstein zum Anlass genommen hat, von ihrem Fragerecht als Abgeordnete Gebrauch zu machen und entsprechende Fragen an die Bundesregierung übermittelte, deren Beantwortung öffentlich zugänglich gemacht würden. Sie selbst schreibt, „…. das es schwer verständlich ist, wenn auch chronisch kranke Raucher mit Asthma, koronarer Herzerkrankung oder Gefäßleiden Hilfen zur Tabakentwöhnung nicht erstattet bekommen.“ Für die Kriterien der Erstattungsfähigkeit verweist sie auf die wissenschaftlichen Evidenzen und den GBA.
Im Hinblick auf Frage 4 nimmt sie positiven Bezug auf die Nichtraucherschutz-Regelungen in Bayern und zuletzt in NRW.
Steffen-Claudio Lemmitz unterstützt die Forderung nach einer Überprüfung des Erstattungsausschlusses der Entwöhnungsmedikation „Die begründete Entscheidung des GBA …Patienten Tabakentwöhnung zu ermöglichen zeigt, dass Tabakentwöhnung … keine Lifestyle-Frage ist.“ Er befürwortet die Korrektur des § 34 SGB V.

Die Grünen:
Für Die Grünen beantwortete die für die Thematik hierfür in der Partei federführende Frau Biggi Bender den Wahlprüfstein und befürwortet klar die Abänderung des § 34 SGB V zur Ermöglichung der Erstattung. Diese solle dann gemäß den vom GBA vorgelegten Kriterien gewährt werden.
Für die Abwendung der Tabakrisiken wird auf präventive Maßnahmen zur Reduzierung des Tabakgebrauchs gesetzt: Einschränkung der Werbung, höhere Besteuerung sowie Zugangsbeschränkung (Abschaffung öffentlicher Automaten). Insbesondere wird ein explizites Votum für die Erhaltung der E-Zigarette als gesundheitlich geringer beeinträchtigendes Nikotin-Produkt abgegeben.

FDP:
Die FDP reproduziert ihre bereits hinlänglich bekannten Positionen und schreibt, dass eine Änderung des Gesetzes aus ihrer Sicht „kritisch gesehen“ wird. Man habe Sorge vor erheblichen Mehrausgaben für die Krankenversicherung und wolle die Solidargemeinschaft mit diesen Kosten nicht belasten. Der Patient selber solle seine Motivation zeigen, indem er die Kosten trage. Eine Änderung des § 34 SGB V wird nicht befürwortet. Die FDP möchte für die Tabakrisiken-Reduktion „die Zielgruppen-spezifischen Präventions- und Aufklärungskampagnen beispielsweise der BZGA“ fortgesetzt wissen.

Weitere Antworten anderer Parteien gingen zwischen Versendung des Wahlprüfsteins 17. Mai 2013 und dem 17. August 2013 nicht ein.

Quelle: äin-red

Dies ist eine Pressemeldung des Bundesverbands der Pneumologen (BdP). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.lungenaerzte-im-netz.de. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des Patienteninformationsportals der Lungenärzte-im-Netz verlinken.