Am 22. April gegen 11 Uhr stolperte der 4-jährige Tim Tarany auf dem Spielplatz des Kindergartens „Zwergenschloss“ in Herzfelde (bei Rüdersdorf) und fiel dabei unglücklich mit dem Hals auf die Lehne eines Baumstamm-Stuhls. Auf den ersten Blick zog er sich dabei aber nur ein paar Schrammen zu. „Nicht schlimm“, dachte auch die Erzieherin zunächst. Doch kurz darauf konnte Tim nur noch wenige Meter gehen, brach zusammen und musste getragen werden. Die Erzieherin rief sofort den Notarzt - mit dem Rettungswagen wurde der Kleine in ein Krankenhaus in Rüdersdorf gebracht. Tatsächlich hatte Tim sich schwer verletzt: Durch eine Überdehnung beim Sturz war die Luftröhre zwischen Hals und Brustkorb eingerissen. Über das etwa ein Cent große Loch strömte Luft unter die Haut und in den Körper, so dass die einzelnen Körperteile anschwollen. „Tim ging auseinander wie ein Luftballon, der Kopf wurde groß wie eine Melone“, erinnert sich Mutter Nadine Zwietasch (25). „Überall war Luft im Körper - wenn man auf die Haut drückte, knisterte es wie Styropor.“ Mit der Luft, die bei jedem Atemzug in den Brustkorb strömte, nahm der Druck dieser Luftansammlung (auf Grund eines fatalen Ventilmechanismus) immer mehr zu – und zwar umso stärker, je mehr Tim sich verzweifelt darum bemühte, Luft zu holen. Schließlich drückte die sich im Brustkorb ansammelnde Luft Lungen und herznahe Gefäße zunehmend zusammen und es drohte die Gefahr, dass es zum Atem- und Herzstillstand kommen würde. Daher waren eine rasche Erstversorgung und die Veranlassung eines möglichst schnellen Verschlusses der Luftröhrenlücke dringend erforderlich.
Dieser Job wurde von zwei Ärzten - Anästhesist Dr. Jörg Butzeck und Chirurg Dr. Rolf Möslein in Rüdersdorf – bewerkstelligt: Sie legten zur Entlastung Schläuche in Tim’s Hals und Brustkorb, stabilisierten das Kind und ließen es mit dem Rettungshubschrauber in ein Klinikum in Berlin-Buch verlegen, wo es von einem Notfallteam versorgt wurde. Der Riss in der Luftröhre wurde bei einer Spiegelung vom HNO-Arzt Dr. Sebastian Schütze festgestellt und dann in einer 3,5-stündigen Operation von Prof. Klaus Schaarschmidt gemeinsam mit Oberarzt Dr. Frank Schlesinger vernäht. Dabei entschieden sich die Ärzte für einen minimal-invasiven Eingriff, bei dem die feinen OP-Instrumente über drei kleine Schnitte im Millimeterbereich bis zur Speiseröhre geschoben wurden. So konnte über eine 20-fach vergrößernde Mini-Videokamera die Verletzung genau geortet und das Loch an der Hinterwand der mittleren Luftröhre vernäht werden. Damit wurde weltweit zum ersten Mal ein Luftröhrenriss mit Hilfe der Schlüssellochchirurgie verschlossen. „In der Fachliteratur ist bisher kein solcher Fall bekannt“, bekundet Schaarschmidt. Vielmehr würden Risse in der Luftröhre meist offen (über einen größeren Schnitt im Brustraum) operiert, weil der Ort der Verletzung oft schwer zu finden und das Vernähen technisch aufwändig ist. Außerdem befinden sich sensible Gefäße (Hauptschlagader), Stimmbandnerven und das Herz in unmittelbarer Nachbarschaft. Zur Schonung der empfindlichen Naht wurde Tim schließlich sieben Tage in einen künstlichen Heilschlaf gelegt und blieb insgesamt zwölf Tage auf der Intensivstation. Mittlerweile hat sich das Kind wieder gut erholt, seine Wunde in der Luftröhre ist gut verheilt. Und nach Angaben seiner Mutter redet der lebhafte 4-Jährige auch schon wieder wie ein Wasserfall.