Die in der Vergangenheit übliche Meinung, dass Babys möglichst Allergen-arm ernährt werden sollten, ist nach Angaben der Verbraucherinformationsdienst aid in Bonn überholt. Sie beruft sich dabei auf eine jetzt aktuell überarbeitete S3 Leitlinie zur Allergieprävention (siehe www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/061-016.htm), die erstmals 2004 veröffentlicht worden war. Kuhmilch, Weizen oder Fisch zum Beispiel lösen zwar öfter Allergien aus, sollten aber nach neuerem Forschungsstand schon ab dem fünften Lebensmonat kein Tabu mehr sein. Selbst allergiegefährdete Babys dürfen schon im ersten Lebensjahr mit möglichen Nahrungsmittel-Allergenen in Kontakt kommen. So sollten etwa Säuglinge, in deren Familie die Unverträglichkeit gegen Gluten aus Getreide bekannt ist, schon zwischen dem fünften und siebten Monat kleine Mengen Weizen bekommen. Damit könne das Risiko, an der so genannten Zöliakie zu erkranken, gesenkt werden - vor allem, wenn die Mutter begleitend noch stillt.
Insgesamt beinhalten die neuen Empfehlungen zur Allergieprävention in einigen Punkten eine Abkehr von der bisher empfohlenen Praxis, die aber gleichzeitig auch eine Erleichterung in der Ernährung von allergiegefährdeten Kindern im ersten Lebensjahr darstellen. Die aktuelle Leitlinie zur Allergieprävention enthält drei wesentliche Änderungen für Familien mit atopischen Familienmitgliedern:
- Die Empfehlung, den Säugling ausschließlich zu stillen, wurde von sechs auf vier Monate verkürzt.
- Die Empfehlung, allergiegefährdete Säuglinge im ersten Lebensjahr nach Ende der Stillzeit vorsichtig zuzufüttern, wurde aufgegeben. Es ist jetzt erlaubt, auch allergene Nahrungsmittel, z.B. Hühnerei, bereits im ersten Lebensjahr zu verabreichen.
- Erstmals wird empfohlen, dass werdende Mütter während der Schwangerschaft und Stillzeit aus Gründen der Allergieprävention Fisch essen. Auch die Zufütterung von Fisch nach dem Abstillen ist zu erwägen.
Andererseits wird wie bisher von einer Katzenhaltung in Familien mit Hintergrund für atopische Erkrankungen abgeraten, da hierdurch das Risiko von Ekzemkrankheiten vervielfacht wird.
Zeitgleich geht aus einer aktuellen Forsa-Umfrage zur Kindergesundheit hervor, dass fast jedes zweite Kind im Norden Deutschlands allergiegefährdet ist. In Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein leiden 19 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren an einer Allergie. „In dieser Altersgruppe sind Allergien eines der häufigsten Gesundheitsprobleme überhaupt“, meint Frank Seiffert von der Techniker Krankenkasse, die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte.
Nach Angaben der so genannten KIGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts tragen mehr als 4 von 10 Kindern zwischen 3 und 17 Jahren Antikörper gegen 20 getestete Allergene in sich. Das bedeute, dass die Betroffenen zwar noch keine Allergie hätten, aber ihr Immunsystem bereits sensibilisiert sei. Vor allem Kleinkinder sollten vor starken Allergenen geschützt werden, umso das Risiko einer Erkrankung zu senken. Besonders leicht würden Allergien durch Schimmel oder Tabakrauch ausgelöst. Bei Babys, die in den ersten vier Monaten ausschließlich gestillt würden, zeigten Studien, dass bei ihnen deutlich weniger allergische Symptome vorhanden seien.