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Krankhafter Eisenüberschuss betrifft auch die Lunge

Eiseneinlagerungen in der Lunge führen im Tiermodell zu Atemproblemen. Das haben Heidelberger Experten für Eisenstoffwechsel gemeinsam mit Lungenspezialisten beobachtet.

Sammelt sich im Körper z. B. aufgrund eines genetischen Defekts zu viel Eisen an, lagert sich dieses unter anderem in Leber, Bauchspeicheldrüse, Herz und Gelenken ein und schädigt deren Funktion. Die Lunge war diesbezüglich noch nicht unter Verdacht geraten, doch auch sie ist betroffen, wie Heidelberger Wissenschaftler in einem interdisziplinären Projekt mit Arbeitsgruppen des Deutschen Zentrums für Lungenforschung in Gießen und Hannover entdeckt haben (siehe EBioMedicine. 2017, Band 20, Seite:230-239). „Im Tiermodell für eine genetisch bedingte und schwer verlaufende Form der Eisenspeicherkrankheit war die Lunge, jedenfalls bestimmte Zelltypen des Lungengewebes, beinahe ebenso mit Eisen überladen wie die Leber“, berichtet die Erstautorin der Studie, Joana Neves, die im Team von Prof. Dr. Martina Muckenthaler in der Abteilung Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg forscht. Bei den Mäusen erschwerte die Eiseneinlagerung die Atmung: Die Lunge war weniger dehnbar, das Atemvolumen in Folge verringert. Wie sich das beim Menschen verhält, muss noch geprüft werden.

Die aktuellen Ergebnisse legen jedoch nahe, diese Problematik vor allem bei Patienten mit Eisenüberladung und zusätzlich auftretenden Lungenerkrankungen im Blick zu behalten. Denn es häufen sich Hinweise, dass Eiseneinlagerungen auch bei einer Reihe chronischer Lungenerkrankungen wie der COPD vorkommen – hier vermutlich durch die anhaltende Entzündung verursacht – und mit einem schwereren Verlauf einhergehen. „Es ist anzunehmen, dass auch die genetisch bedingte Eisenüberladung Lungenprobleme begünstigt oder verschlimmert. Dem sollte man zukünftig mehr Beachtung schenken und die Patienten entsprechend beraten“, so Seniorautorin Prof. Muckenthaler.

„Über den Zusammenhang zwischen Eisenablagerungen und der Entstehung von Lungenerkrankungen ist noch sehr wenig bekannt, da sich Forscher auf dem Gebiet des Eisenstoffwechsels bislang wenig mit der Lunge beschäftigt haben. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Teams um Prof. Muckenthaler mit Expertise auf dem Gebiet des Eisenstoffwechsels mit drei weiteren Arbeitsgruppen an Standorten des Deutschen Zentrums für Lungenforschung ist daher auf diesem Gebiet wegweisend“, betont Prof. Dr. Marcus Mall, Direktor der Abteilung Translationale Pneumologie des Zentrums für Translationale Lungenforschung Heidelberg, einem Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung. „Die Arbeit hat erstmals im Tiermodell gezeigt, dass Eisenablagerungen zu einer schweren Lungenerkrankung führen können – und nicht erst im Verlauf einer Lungenerkrankung auftreten. Diese Entdeckung bildet eine wichtige Basis für die weitere Forschung.“

Die verschiedenen Formen der Eisenspeicherkrankheit gehören zusammengenommen zu den häufigsten erblichen Stoffwechselerkrankungen in Nordeuropa; allein in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 100.000 Menschen erkrankt. Bei ihnen nimmt der Dünndarm im Übermaß Eisen aus der Nahrung auf, der Körper kann es jedoch nicht mehr reguliert ausscheiden. Betroffene werden regelmäßig zur Ader gelassen oder erhalten Medikamente, die das Eisen im Körper binden und mit ihm gemeinsam ausgeschieden werden, sogenannte Chelatoren. Interessant ist für die Wissenschaftler nun vor allem, ob und wie die Eiseneinlagerungen in der Lunge auf Chelatoren ansprechen.

Zudem will das Team um Prof. Muckenthaler prüfen, ob auch bei Patienten mit Thalassämie, einer angeborenen Form der Blutarmut und eine der häufigsten Erbkrankheiten weltweit, Eisen in Folge der Therapie in der Lunge eingelagert wird. Denn wer von beiden Elternteilen die Veranlagung zu diesen Bluterkrankungen geerbt hat (Thalassaemia major), benötigt lebenslang Transfusionen, was ebenfalls eine Eisenüberladung des Körpers zur Folge hat. „Die Betroffenen leiden zudem häufig unter einer eingeschränkten Lungenfunktion. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang“, vermutet die Wissenschaftlerin.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg