Zellen von Patienten so zu verändern, dass sie defekte oder fehlende Zellen desselben Patienten ersetzen können – diesem Ziel sind Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover ein Stück näher gekommen, die sich mit der Erbkrankheit Pulmonale Alveolarproteinose (PAP) beschäftigten (siehe American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, Onlienveröffentlichung am 13.4.2018).
Bei dieser seltenen, lebensgefährlichen Erkrankung, die Kinder betrifft und deren Lebenszeit erheblich verkürzt, sind die Makrophagen in der Lunge (Alveolarmakrophagen) defekt. Um diese zu ersetzen, stellten die Forscher um Prof. Dr. Gesine Hansen (Direktorin der Klinik für Pädiatrische Pulmonologie, Allergologie und Neonatologie an der Medizinischen Hochschule Hannover) aus reifen menschlichen Zellen hochpotente induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) her. Sie ließen diese im Labor zu Fresszellen heranreifen, um sie dann in die Lungen erkrankter Mäuse zu transplantieren. Bei den Mäusen war das Immunsystem so verändert worden, dass es dem des Menschen mehr ähnelte und das Anwachsen der Zellen in der Lunge erleichterte. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Die Zellen passten sich dem Lungenmilieu an, die Erkrankung verbesserte sich, und es traten keine wesentlichen Nebenwirkungen auf.
„Unser Ziel ist, dass unser Therapieansatz in der Zukunft zu einer Heilung dieser schwer kranken Kinder beitragen kann“, erklärt Prof. Dr. Gesine Hansen. Es soll möglich werden, patientenspezifische Makrophagen herzustellen, die aus iPS-Zellen entwickelt werden. Diese könnten nach einer Genkorrektur im Reagenzglas zu Fresszellen reifen und dann direkt in die Lunge transplantiert werden.
Derzeit ist bereits eine klinische Studie in Amerika in Planung, in der dieser Ansatz unter Zuhilfenahme von Blutstammzellen auf den Menschen übertragen werden soll. Das Forscherteam in Hannover wird europäischer Partner dieser Studie sein. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Ergebnisse auch auf andere Erkrankungen anwendbar sein werden. Die neue Methode ist weniger riskant als eine Transplantation genetisch korrigierter Stammzellen oder eine Knochenmarktransplantation, die beide für die Patienten mit erheblichen Risiken behaftet wären.
Hintergrund: Bisher sind weltweit weniger als hundert Fälle mit Pulmonaler Alveolarproteinose (PAP) beschrieben worden. In Deutschland gibt es weniger als eine Handvoll erkrankte Kinder. In deren Lungenbläschen, die normalerweise Luft enthalten, sammelt sich eiweißreiches Material. Dieses wird normalerweise von Makrophagen abgebaut, doch diese sind aufgrund der Erkrankung defekt. Viele Betroffene ersticken bereits im Kindesalter. Bisher gibt es keine Therapie, welche die Ursachen der Erkrankung bekämpft. Die derzeit einzige Behandlungsmöglichkeit ist eine Spülung der Lunge, die etwa alle vier Wochen unter Vollnarkose durchgeführt werden muss. Die Behandlung dauert lang und ist risikoreich. Die Kinder entwickeln sich schlecht, leiden ständig an Atemwegsinfektionen und sterben zumeist früh. Eine Knochenmarktransplantation, bei der die defekten Zellen durch gesunde Vorläuferzellen ersetzt werden, kann nicht angewendet werden, weil der kritische Gesundheitszustand der betroffenen Kinder die dafür notwendige vorbereitende Bestrahlung oder Chemotherapie nicht zulässt.
Quelle: Medizinische Hochschule Hannover