Patientinnen und Patienten, die unter Asthma bronchiale oder einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, erhalten je nach Schweregrad unterschiedliche Medikamente. Sie inhalieren die verordneten Wirkstoffe unter anderem mittels Pulverinhalatoren oder Dosieraerosolen (Sprays). Letztere enthalten klimaschädliche Treibhausgase. Jetzt berichten zwei niedergelassene Pneumologen, dass eine klimaneutrale Medikation oft möglich ist (siehe Pneumologie 2022, Band 76/5, Seite: 321–329). Durch eine Umstellung ließen sich in ihrer Dresdner Gemeinschaftspraxis im Jahr zwischen 115 bis 480 Kilogramm CO2-Äquivalent (CO2e) pro Patient:in einsparen – bei gleichbleibender Behandlungsqualität. Unter CO?-Äquivalente (CO?e) wird die Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase zusammengefasst. Neben dem wichtigsten von Menschen verursachten Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) gibt es weitere Treibhausgase wie beispielsweise die in Dosieraerosolen eingesetzten Hydrofluoralkane (HFA).
Die noch häufig verwendeten treibgashaltigen Dosieraerosole (pMDI/pressurized Metered Dose Inhalers) verursachen einen zehn- bis 40-fach höheren CO2-Fußabdruck als treibgasfreie Pulverinhalatoren (DPI/Dry Powder Inhalers). Der Pneumologe Dr. med. Jakob Bickhardt und seine Kollegin Dr. med. Uta Bader verschreiben in ihrer Praxis seit 2021 vermehrt klimafreundliche Inhalatoren. In welchem Umfang eine Umstellung von pMDI auf DPI möglich ist, fassen sie in ihrer Arbeit zusammen. Darüber hinaus beziffern sie das mögliche Einsparpotenzial an CO2e. Als Vergleich dienen ihre eigenen Praxisdaten des 1. Quartals 2021 im Vergleich zu 2020. Darüber hinaus stellen sie ihr eigenes Verordnungsverhalten dem der niedergelassenen Pneumologen in Sachsen und deutschlandweit gegenüber.
„Wir haben den Anteil der DPI-Verordnungen insgesamt von rund 49 auf fast 78 Prozent steigern können. Bei Patientinnen und Patienten, die ausschließlich auf kortisonhaltige Inhalationspräparate angewiesen sind, war die Umstellungsrate von etwa 20 auf 74 Prozent besonders hoch“, fasst Erstautor Bickhardt zusammen. Hochgerechnet konnten in der Gemeinschaftspraxis im 1. Quartal 2021 gegenüber 2020 bei etwa 2.600 Behandlungsfällen 35 bis 40 Tonnen CO2e eingespart werden. Die Kosten stiegen zwar an, lagen jedoch nicht höher als im Bundesdurchschnitt.
Im 1. Quartal 2020 lagen die DPI-Verordnungen von Bickhardt und Kollegin noch unter dem sachsen- und bundesweiten Durchschnitt von 59,6 beziehungsweise 57 Prozent. Ein Jahr später konnten sie diese Werte bereits übertreffen. So lagen die Verordnungen von DPI im 1. Quartal 2021 für Sachsen bei rund 60 und in Gesamtdeutschland bei etwa 56 Prozent.
Die Studie zeigt, dass ein Wechsel auf klimaneutrale Inhalatoren für viele Patient:innen bei gleichbleibend guter Behandlung möglich ist. Sie zeigt aber auch, dass es im Verordnungsverhalten innerhalb Sachsens und auch deutschlandweit von 2020 auf 2021 kaum Veränderungen gab. Dabei bietet die Umstellung großes Potenzial: „Wenn die ambulant tätigen Pneumologen bundesweit 75 Prozent DPI verordneten, wäre eine Einsparung von 11.650 Tonnen CO2e pro Quartal beziehungsweise 46.600 Tonnen CO2e pro Jahr möglich“, so Bickhardt abschließend.
Quelle: Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2022