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Klassisches Antibiotikum auch gegen Tuberkulose wirksam

Ein ursprünglich für andere Zwecke zugelassenes ß-Lactam-Antibiotikum erzielt unerwartete Erfolge in der Tuberkulosebehandlung. Das berichten Wissenschaftler am Forschungszentrum Borstel.

Die Anzahl von Patienten, die weltweit mit einer multiresistenten und damit schwer behandelbaren Tuberkulose (MDR-TB) identifiziert wurden, ist von 47.000 im Jahr 2009 auf 123.000 im Jahr 2015 dramatisch gestiegen. Neue Medikamente werden dringend benötigt. Ihre Entwicklung ist jedoch mit sehr hohen Kosten und wirtschaftlichen Risiken für die Pharmafirmen verbunden und dauert mindestens zehn Jahre. Hinzu kommt das Problem der Resistenzbildung: Nicht einmal zwei Jahre nach Einführung der letzten beiden neuen Medikamente (Bedaquilin und Delamanid) gegen multiresistente Tuberkulose wurde der erste Bakterienstamm mit Resistenzen gegen diese Antibiotika identifiziert.

Eine Alternative zur Entwicklung neuer Medikamente könnte eine Überprüfung bereits für andere Indikationen zugelassener Medikamente auf ihre Eignung für die Tuberkulosetherapie sein. Lange Zeit glaubte man zum Beispiel, dass ß-Lactam-Antibiotika, Verwandte des Penicillins, keine Wirksamkeit in der Tuberkulosetherapie haben. Ein Team aus Südafrika, Spanien, Mozambique und Deutschland hat diese Ansicht nun aber widerlegt (siehe New England Journal of Medicine 2016, Band 375, Seite: 393-394).

Die Ärzte behandelten Patienten mit einer Lungentuberkulose vor Beginn der eigentlichen Standardtherapie zwei Wochen lang mit dem ß-Lactam-Antibiotikum Meropenem. ß-Lactam-Antibiotika sind vom Penicillin abgeleitet und greifen in den Zellwandaufbau der Bakterien ein. Um Abwehrmechanismen der Bakterien auszuschalten, gaben die Mediziner zusätzlich Clavulansäure. Diese hemmt die ß-Lactamase, ein Enzym der Bakterien, welches ß-Lactam-Antibiotika unwirksam macht. Unter dieser Kombinationsbehandlung nahm die Bakterienlast im Sputum der Patienten rasch ab. „Die Behandlung war ebenso effizient wie die mit den gängigen Medikamenten Rifampicin oder Pyrazinamid“, erklärt Prof. Christoph Lange, Ärztlicher Leiter der Klinischen Infektiologie Forschungszentrum Borstel und Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). „Die Studie war allerdings nicht darauf ausgelegt, den langfristigen Effekt von Meropenem/Clavulansäure auf die Heilungschancen der multiresistenten Tuberkulose zu untersuchen“, dämpft Lange zu hohe Erwartungen.

Mit der aktuellen Entdeckung eröffnet sich ein neues Feld in der klinischen Tuberkuloseforschung: Die Überprüfung bereits zugelassener Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen die Tuberkulose könnte eine sinnvolle Ergänzung zur Entwicklung neuer Wirkstoffe darstellen.

Quelle: Deutsches Zentrum für Infektionsforschung