Keuchhusten (Pertussis) tritt in Deutschland immer häufiger auch bei Erwachsenen auf. Davor warnen die Lungenärzte vom Bundesverband der Pneumolgen (BdP). „Das ist keine Kinderkrankheit mehr wie vor 20 Jahren – jetzt erkranken zunehmend Erwachsene“, bestätigt Dr. Michael Barczok, Vorstandsmitglied der BdP und niedergelassener Lungenfacharzt im Lungenzentrum Ulm. „Acht von zehn Keuchhusten-Patienten sind über 18 Jahre alt, mehr als jeder Dritte ist sogar älter als 45 Jahre. Weltweit wurden in den letzten Jahren steigende Erkrankungszahlen ermittelt - in Deutschland vor allem in den neuen Bundesländern, da dort die Impfraten zurückgegangen sind. Während vor der Wende in der DDR wenige Hundert Fälle pro Jahr auftraten, sind es heute mehrere Tausend.“ Experten schätzen, dass Jahr für Jahr allein in Deutschland 110.000 Erwachsene an Keuchhusten erkranken, wobei allerdings die wenigsten wissen, dass sie Keuchhusten haben. Keuchhusten wird durch das Bakterium Bordetella pertussis ausgelöst, das durch Husten, Niesen oder Sprechen (Tröpfcheninfektion) von Mensch zu Mensch weiter getragen wird. Bordetellen sind hoch ansteckend, die Infektionsrate bei engem Kontakt zu Erkrankten liegt bei 80%.
Bei Erwachsenen oft nicht oder erst spät erkannt
Keuchhusten äußert sich bei Erwachsenen anders als bei Kindern, verläuft oft untypisch und wird deshalb nicht oder erst spät erkannt, so dass die Betroffenen oft wochenlang unbehandelt an der Erkrankung leiden. „Das Leitsymptom – der bellende Husten – fehlt in einem Drittel der Fälle“, erklärt Barczok. „Während Kinder vor allem in der Nacht unter schweren Hustenattacken begleitet von Atemnot, keuchenden Atemgeräuschen und manchmal Erbrechen leiden, fehlt das Keuchen und Erbrechen bei Erwachsenen völlig. Einziger Hinweis auf Keuchhusten im Erwachsenen-Alter ist oft ein hartnäckiger, quälender Husten ungeklärter Ursache, der über mehrere Wochen anhält. Manchmal klagen die Betroffenen auch über Kratzen im Hals oder Schweißausbrüche, doch wer denkt bei solchen Symptomen schon an Keuchhusten? Obwohl die Erkrankung im Erwachsenen-Alter grundsätzlich milder als bei Kindern verläuft, so ist sie dennoch keineswegs harmlos: Bei jedem Vierten treten Komplikationen auf. So kann Keuchhusten beispielsweise Gewichtsverlust, seltener eine Lungenentzündung, Krampfanfälle und Gehirnbluten auslösen. Erwachsene mit Keuchhusten können mitunter auch ihren Urin nicht mehr halten und werden inkontinent. Manchmal sind die Hustenanfälle so stark, dass es zu Rippen- und Leistenbrüchen oder Bandscheibenvorfällen kommt. Ein plötzlicher Hörverlust oder Schäden an Blutgefäßen sind ebenfalls möglich“, gibt Barczok zu bedenken.
Impfschutz hält nicht ewig
Selbst wer in seiner Kindheit gegen Pertussis geimpft wurde oder die Erkrankung bereits einmal durchgemacht hat, ist nicht lebenslang vor einer Neuinfektion geschützt. „Nach etwa 10 Jahren verliert das Immunsystem die Fähigkeit, sich gegen den Erreger zur Wehr zu setzen“, erläutert Barczok. „Dann kann man sich erneut infizieren, und vermutlich erkranken viele Erwachsene im Verlauf ihres Lebens mehrfach, ohne dies zu wissen. Ein Impfschutz gegen Pertussis wird Kindern und Jugendlichen routinemäßig bis zum 17. Lebensjahr empfohlen. Allerdings verpassen Teenager zu oft die zweite Auffrischimpfung, die zwischen dem 9. und 17. Lebensjahr erfolgen sollte. Diese zunehmende und sich im Erwachsenenalter fortsetzende Impfmüdigkeit ist der Grund, warum Keuchhusten auch im Erwachsenenalter immer häufiger wird.“ Die Pertussis-Impfung kann zusammen mit der Standard-Impfung gegen Diphtherie und Tetanus - auf Wunsch auch zusätzlich gegen Kinderlähmung (Polio) in Form eines gut verträglichen Vierfachimpfstoffs - verabreicht werden. Das wird von der Krankenkasse bezahlt und kann ohne Praxisgebühr verabreicht werden.
Ungeimpfte Erwachsene gefährden Säuglinge
Besonders bedenklich ist, dass infizierte Erwachsene die Erreger an ungeimpfte Säuglinge oder unvollständig geimpfte Kinder weitergeben können. „Fatalerweise ist Keuchhusten für Säuglinge, die ja erst nach der dritten Teilimpfung – also frühestens ab dem fünften Lebensmonat – den vollen Impfschutz gegen Keuchhusten aufgebaut haben, eine wirklich bedrohliche Krankheit, die Atemstillstand und bleibende Schäden verursachen oder sogar zum Tode führen kann“, betont Barczok. „Dabei sind die Überträger der Krankheit meistens im engsten Familienkreis zu suchen: 50 bis 70 Prozent der erkrankten Säuglinge werden von ihren Eltern oder Großeltern angesteckt.“ Daher raten die Lungenärzte Jugendlichen und Erwachsenen – insbesondere allen Frauen mit Kinderwunsch und allen Personen mit engem Kontakt zu Säuglingen wie Eltern, Großeltern, Verwandten, Tagesmüttern und Babysittern - ihren Impfschutz gegen Pertussis regelmäßig alle zehn Jahre aufzufrischen. Lesen Sie hier weitere Informationen über die möglichen Ursachen von Hustenerkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten.