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Kann sich die Legionärskrankheit auch kilometerweit über die Luft ausbreiten?

Bisher ist man davon ausgegangen, dass Legionellen – die bakteriellen Erreger der Legionärskrankheit – sich in der Luft lediglich über einige hundert Meter hinweg verbreiten können. Nun weist die wissenschaftliche Untersuchung einer Legionellen-Epidemie von 2004 im französischen Pasde-Calais darauf hin, dass die Bakterien auch Distanzen von mehreren Kilometern in der Luft zurücklegen können.

Die Legionärskrankheit wird auch Legionellose oder Legionellen-Pneumonie genannt und ist eine schwere Form der Lungenentzündung. Sie wird auch heutzutage häufig nicht sofort erkannt und deshalb erst spät oder falsch behandelt. Unbehandelt verläuft die Krankheit vor allem bei Patienten mit chronischen Vorerkrankungen der Lunge in vielen Fällen tödlich. Nach richtiger Diagnose kann die Krankheit aber mit Erfolg behandelt und zur völligen Ausheilung gebracht werden.

Im Jahr 2004 kam es im nordfranzösischen Pasde-Calais zu einem Ausbruch der Legionärskrankheit, bei dem von 86 infizierten Personen 21 starben. Wie Dr. Tran Nguyen und seine Mitarbeiter am „Institut de Veille Sanitaire“ in Saint-Maurice in der Fachzeitschrift The Journal of Infectious Diseases berichten, wurde als Infektionsquelle damals der Kühlturm einer chemischen Fabrik ausgemacht. Diese Epidemie verlief in zwei Phasen. Die erste Infektionswelle endete mit der Sperrung des Turms. Dann folgte eine zweite Welle, die mit den Reinigungsarbeiten im Turm begann und mit dessen Wiedereröffnung einen Höhepunkt erreichte. Diese zweite Infektionswelle ließ sich erst wieder unter Kontrolle bringen, nachdem man bestimmte Ventilatoren, die offenbar verunreinigt gewesen waren, abgeschaltet und den Kühlturm endgültig abgesperrt hatte.

Kilometerweite Ausbreitung über die Luft möglich
„Das zweiphasige Infektionsmuster weist darauf hin, dass die im Turm angewandte Reinigungsmethode offenbar nicht die Rechte war“, erklärt Nguyen. „Vielmehr dürften die Hochdruckreiniger, mit denen der Turm gesäubert wurde, die Verbreitung der Bakterien vorangetrieben haben.“ Es gäbe zwar Leitlinien, wie solche Gebäude zu dekontaminieren sind. Deren jeweilige Umsetzung sei aber von Fall zu Fall und von Land zu Land verschieden. „Bisher hat man gedacht, Legionellen könnten sich in der Luft nicht mehr als einige hundert Meter ausbreiten. Bei diesem Fall in Frankreich wurde nun aber deutlich, dass sie in der Luft durchaus Distanzen von bis zu sechs Kilometern zurücklegen können! Sollte sich diese Beobachtung in weiteren Untersuchungen bestätigen lassen, müssen wir die empfohlenen Maßnahmen in unseren Leitlinien entsprechend erweitern“, so Nguyen.

Quelle:
The Journal of Infectious Diseases (2006), Vol. 193, Seite 102-111