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Ist COPD eine Autoimmunerkrankung?

Wird die Lunge ständig mit Zigarettenrauch oder Stäuben belastet, setzt ein für Autoimmunerkrankungen typischer Entzündungsprozess ein. Forschern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig ist es nun gelungen, die Rolle derjenigen Immunzellen genauer zu beschreiben, die an der Entstehung chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) beteiligt sind…

Rauchen gilt als einer der Auslöser der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Den für COPD-Patienten typischen Reizhusten nennt man deshalb landläufig auch gerne Raucherhusten. Doch COPD tritt auch bei Arbeitern auf, die hohen Qualm- oder Staubbelastungen ausgesetzt sind. In Ländern der Dritten Welt sind häufig insbesondere Frauen betroffen: Hier ist die kontinuierliche Belastung durch schwelende Herdfeuer in geschlossenen Räumen eine verbreitete Ursache.

Seit den letzten Jahren häufen sich wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass COPD als Autoimmunkrankheit verstanden werden kann, bei der Abwehrzellen des Immunsystems aktiviert werden, die fälschlicherweise das gesunde Lungengewebe angreifen. Forschern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig ist es nun gelungen, die Rolle derjenigen Immunzellen genauer zu beschreiben, die an der Entstehung chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) beteiligt sind (siehe The Journal of Immunology (2011), Band 186(11), Seite 6106-6118).

„Rauchen oder eine schädliche Staubbelastung sind erste Schritte, um ein entzündliches Umfeld in den Lungenbläschen zu schaffen“, erklärt Dr. Dunja Bruder, Leiterin der Arbeitsgruppe Immunregulation am HZI. „Wird die Lunge ständig belastet, setzt sich dadurch ein für Autoimmunerkrankungen typischer Entzündungsprozess in Gang: Abwehrzellen des Immunsystems werden aktiviert, vermehren sich und greifen dann irrtümlicherweise den eigenen Körper an.“

Dunja Bruder und ihre Kollegen untersuchen seit einigen Jahren, wie die Zellen der Lungenbläschen mit den Abwehrzellen des Immunsystems kommunizieren. In der aktuellen Studie ist es den Immunologen nun gelungen, die Rolle der Immunzellen, die COPD hervorrufen, genauer zu beschreiben. Es handelt sich hierbei um so genannte Killerzellen, deren Hauptaufgabe eigentlich darin besteht, mit Viren infizierte Zellen zu vernichten. Auf diese Weise vermag das Immunsystem Infektionen normalerweise sehr effektiv zu bekämpfen. Im Fall der COPD führt die Dauerbelastung des Immunsystems in der Lunge jedoch zu einer Fehlreaktion: Die Killerzellen greifen die körpereigenen Lungenzellen an.

Um das Verhalten der Killerzellen genauer zu verstehen und in das fehlgeleitete Immunsystem eingreifen zu können, simulierten die Forscher Dr. Milena Tosiek und Dr. Marcus Gereke im Team um Dr. Dunja Bruder das Geschehen in genmanipulierten Mäusen. „Diese Mäuse tragen einen Baustein des Grippevirus auf der Oberfläche der Lungenbläschen. Zusätzlich besitzen sie Killerzellen, die genau diesen Baustein erkennen und die Lungenzellen angreifen. Die Tiere entwickeln dadurch eine chronische Lungenentzündung die durch die Killerzellen ausgelöst wird“, berichtet der Forscher Dr. Marcus Gereke. Aus der entzündeten Lunge isolierten die Forscher die krankheitsverursachenden Zellen, um sie im Labor zu untersuchen.

Über das Ergebnis waren die Forscher dann doch ziemlich überrascht, denn viele Immunzellen im entzündeten Gewebe waren gar nicht an der Zerstörung der Lungenzellen beteiligt. Die meisten Killerzellen ignorierten die Lungenzellen einfach. Nur wenige Zellen reagierten – dafür aber umso heftiger und mit fatalen Folgen. „Dies zeigt, wie wichtig das gesunde Gleichgewicht der Immunzellen ist“, meint Dr. Dunja Bruder. Bereits wenige fälschlich aktivierte Killerzellen könnten zu großen Zerstörungen führen.

Derzeit forschen die Braunschweiger Wissenschaftler intensiv an den Kontrollmechanismen, die eine vollständige Zerstörung der Lungenbläschen verhindern könnten. „Wir hoffen, dass uns diese Mechanismen einen Anhaltspunkt liefern können, wie sich COPD eindämmen lässt“, erklärt Bruder.