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Hochresistente Keime bald besser im Griff?

Ein Wirkstoff aus Pilzen und niederen Tieren könnte sich eventuell als schlagkräftige Waffe gegen gefährliche Bakterien eignen: das so genannte Plectasin verhält sich wie ein Dieb, der einem Maurer die Steine klaut. Es heftet sich an einen Zellwand-Bestandteil der Bakterien und verhindert so, dass dieser eingebaut wird. Das berichten Forscher der Uni Bonn im Fachjournal Science.

Immer mehr Bakterien sprechen auf gängige Antibiotika nicht mehr an. Das betrifft vor allem die methicillin-resistenten Staphylokokken. Gegen diese so genannten MRSA-Stämme sind die Waffen der Pharmaforschung inzwischen weitgehend stumpf. Schätzungen zufolge erkrankt bereits jeder zweite intensivmedizinisch behandelte Patient in den USA an einer MRSA-Infektion. Nun hat sich herausgestellt, dass ein aus Pilzen und niederen Tieren stammender Wirkstoff sich eventuell als schlagkräftige Waffe gegen gefährliche Bakterien eignen könnte. Die Rede ist vom so genannten Plectasin, einem kleinen Eiweißmolekül, das selbst hochresistente Keime zerstören kann. Forscher der Universität Bonn um Dr. Tanja Schneider und Professor Dr. Hans-Georg Sahl haben zusammen mit dänischen und niederländischen Kollegen aufgeklärt, wie die Substanz das anstellt. Demnach stört Plectasin die Bildung der Bakterienzellwand, so dass sich die Erreger nicht mehr teilen können. Die Wissenschaftler sehen in Plectasin insofern eine viel versprechende Leitsubstanz für neue Antibiotika.

Plectasin gehört zu den so genannten Defensinen. Diese Abwehrmoleküle sind bei Pilzen, Tieren und wohl auch bei Pflanzen weit verbreitet. Der Mensch bildet beispielsweise Defensine auf seiner Haut und erstickt so viele Infektionen bereits im Keim. Defensine töten jedoch nicht nur Krankheitserreger, sondern alarmieren auch das Immunsystem. Daher setzt die Pharmabranche in sie besonders große Hoffnungen.

Wie die Univeritäts-Forscher in ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Science schreiben, verhält sich Plectasin wie ein Dieb, der einem Maurer die Steine klaut. „Es heftet sich an den Zellwand-Bestandteil Lipid II und verhindert so, dass dieser eingebaut wird“, erklärt Professor Sahl. „Ohne Zellwand sind Bakterien aber nicht lebensfähig.“ Auch das bisher wohl bekannteste Antibiotikum Penicillin behindert die Zellwand-Synthese.

Plectasin ähnelt in seiner Wirkungsweise jedoch eher dem ebenfalls weit verbreiteten Vancomycin. Vancomycin galt seit den 80er Jahren im Kampf gegen MRSA-Stämme als Mittel der Wahl. Inzwischen gibt es jedoch mehr und mehr Bakterien, die auch gegen Vancomycin resistent sind. „Gegen Plectasin sind diese Stämme jedoch noch empfindlich“, betont Dr. Tanja Schneider. Dennoch sei auch mit der neuen Substanz das Resistenz-Problem nicht auf Dauer gelöst. „Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis die Erreger mutieren und ihnen auch die neuen Medikamente nichts mehr anhaben können“, sagt sie. „Das ist ein ewiges Wettrüsten.“