Das Edelgas Helium kann bekanntlich einiges bewirken: Es sorgt dafür, dass Ballone aufsteigen und führt zu einer Veränderung der Stimme – diese quietscht, wenn man Helium inhaliert hat. Außerdem ist Helium Bestandteil der Kunstluft für Taucher (21% Sauerstoff + 79% Helium), da Helium den Vorteil hat, dass es im Blut weniger löslich ist als Stickstoff, so dass Tiefenrausch und Druckfallkrankheit sich eher vermeiden lassen. Auch Asthmatiker können von dieser Art Kunstluft profitieren, da Helium-Gemische weniger dickflüssig (viskos) als Stickstoffgemische sind und verengte Atemwege daher leichter überwinden können. Jetzt wurde festgestellt, dass ein Gemisch aus 40% Sauerstoff plus 60 Prozent Helium die Trainingskapazität von Patienten, die unter einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, durchschnittlich um 245 Prozent steigern kann. Das hat Neil Eves von der University of Alberta im kanadischen Edmonton im Rahmen seiner Dissertation herausgefunden, wie er in einer Online-Ausgabe des Fachblattes American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine berichtet. Bisher wurden Patienten mit fortgeschrittener COPD mit angereichertem Sauerstoff behandelt (Sauerstofflangzeittherapie). Mit einer schweren COPD müssen Betroffene bereits bei leichter körperlicher Anstrengung um jeden Atemzug kämpfen, da insbesondere das Ausatmen auf Grund der verengten Atemwege stark erschwert ist. Daher verbleibt mit jedem Atemzug immer mehr Luft in der Lunge und es kommt zu einer Lungenüberblähung (Lungenemphysem). Das erklärt die ausgeprägte Kurzatmigkeit bzw. Atemnot der Patienten, die schließlich auch in Ruhe auftritt, sobald die Krankheit weiter fortgeschritten ist.
An der Untersuchung nahmen 10 Patienten mit schwerer COPD teil. Sie absolvierten ein körperliches Training und bekamen dabei vier verschiedene Gasgemische zum Atmen: Raumluft (21 Prozent Sauerstoff & 79 Prozent Stickstoff), mit Sauerstoff angereicherte Luft (40 Prozent Sauerstoff & 60 Prozent Stickstoff), eine „normale“ Sauerstoff-Helium Mischung (21 Prozent Sauerstoff & 79 Prozent Helium) oder ein mit Sauerstoff angereichertes Helium-Gemisch (40 Prozent Sauerstoff & 60 Prozent Helium). Während wiederholter Testrunden wurden dann die jeweilige Trainingsdauer, Atemkapazität und Atemarbeit sowie Anzeichen von körperlicher Erschöpfung aufgezeichnet. Dabei erzielten die Patienten mit dem Helium-Gemisch plus angereichertem Sauerstoff den größten Erfolg: Sie konnten ihre Trainingstoleranz um 245 Prozent gegenüber Raumluft steigern, um 56 Prozent im Vergleich zum Stickstoffgemisch mit angereichertem Sauerstoff und um 116 Prozent im Vergleich zum „normalen“ Sauerstoff-Helium-Gemisch. Offenbar erleichtert die Kombination von Sauerstoff mit Helium den Atemfluss, so dass die Atemfrequenz des Patienten abnimmt. Während einer Trainingsstunde bleibt daher insgesamt weniger Luft in den Lungen gefangen. „Da das Atmen den Patienten mit Helium weniger schwer fällt, erleiden sie selbst während körperlicher Anstrengung weniger Atemnot und können daher länger und besser trainieren“, erläutert Eves. „Wenn man COPD-Patienten künftig dieses Helium-Gemisch mit angereichertem Sauerstoff auch in der Rehabilitation geben würde, könnten sie ihre Trainingseinheiten wahrscheinlich sehr viel effektiver absolvieren. Während eines Reha-Aufenthalts könnten sie somit einen höheren Fitness-Level erreichen, was natürlich auch eine deutlich verbesserte Lebensqualität für sie bedeuten würde“, betont Eves.
Quelle: American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine (2006), Band 174, Seite 763-771. Zusammenfassung (abstract)