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Heimlich das Suchtpotenzial gesteigert?

Die Tabakindustrie in den USA hat die Nikotinmengen in Zigaretten in den letzten 8 Jahren um elf Prozent erhöht – und das, ohne die Verbraucher zu informieren. Dadurch steige das Abhängigkeits-Risiko der Tabakkonsumenten, warnen US-Mediziner in einer neuen Studie.

Von 1997 bis 2005 haben die vier größten Zigaretten-Hersteller in den USA offenbar die Nikotin-Mengen ihrer Tabakprodukte um durchschnittlich elf Prozent erhöht. Das berichtet Spiegel Online unter Berufung auf das Untersuchungsergebnis einer Studie der Harvard School of Public Health. Darin beziehen sich Gregory Connolly und seine Kollegen auf Daten, die dem Massachusetts Department of Public Health (MDPH) von bestimmten Zigarettenherstellern zur Verfügung gestellt worden sind. Massachusettes ist einer von drei Bundesstaaten in den USA, die Informationen der Hersteller einfordern. Seit 1998 gibt es in den USA ein Abkommen, das die US-Bundesstaaten dazu aufruft, die Tabakindustrie zu überprüfen. Unterzeichnet haben diese die vier größten Hersteller der USA, zu denen auch Philip Morris zählt.

Anhand von maschinellen Messungen der Nikotinwerte haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich die Zusammensetzung der Zigaretten im Lauf der Jahre verändert hat und ob sich dabei Unterschiede zwischen verschiedenen Firmen oder für bestimmte Tabakprodukte (wie Light- und Medium-Zigaretten) abgezeichnet haben. Außerdem begutachteten sie auch den speziellen Aufbau der unterschiedlichen Zigarettensorten, um abschätzen zu können, wie gut der Filter die Zigarette belüftet, wie viel Nikotin aus der Zigarette letztendlich im Tabakrauch unter dem Strich ankommt und wie häufig beim Rauchen inhaliert wird?

Die Ergebnisse: Im Durchschnitt nahm die Nikotin-Menge pro Zigarette jedes Jahr um 0,019 Milligramm zu. Für den Untersuchungszeitraum von acht Jahren ergibt das einen Anstieg von elf Prozent. Dies galt für alle Produkte der vier größten Hersteller – das heißt sowohl für Menthol-Zigaretten als auch für Menthol-freie Produkten, für Light- und Ultralight-Versionen ebenso wie für Medium- und Full Flavor-Zigaretten. Außerdem ging die Erhöhung der Nikotinmengen damit einher, dass die Raucher auch häufiger an den Zigaretten zogen. Das sei nach Ansicht der Wissenschaftler vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Verbrennungsrate herabgesetzt wurde, zumal sich die Belüftung über die Filter im Lauf der Jahre verschlechtert hat. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Firmen schleichend die Konzentrationen von Nikotin in den Zigaretten erhöht haben, ohne die Verbraucher darüber zu informieren“, fasst Studienleiter Gregory Connolly zusammen. So haben sich Tabakprodukte etabliert, die wahrscheinlich noch stärker abhängig machen als zuvor. „Zigaretten sind fein abgestimmte Drogen, die hergestellt werden, um eine Tabakpandemie aufrecht zu erhalten“, kommentiert das Co-Autor Howard Koh. Dies unterstreiche die Notwendigkeit einer kontinuierlicheren Überwachung. Unterdessen hat der Zigarettenhersteller Philipp Morris die Vorwürfe aus Harvard abgestritten: Die Daten, die das Unternehmen dem Staat mitgeteilt habe, seien in den Jahren 2006 und 1997 unverändert geblieben. Die Studiendaten zeigten lediglich Zufallsunterschiede in den Nikotinmengen auf, die sowohl nach oben als auch nach unten variieren könnten und nicht einheitlich seien. Eine kontinuierliche Erhöhung habe es nicht gegeben…

Quelle: Original-Veröffentlichung der Harvard School of Public Health