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Harmloser Keim oder Krankheitserreger?

Was einen Krankheitserreger in genetischer Hinsicht von einem harmlosen Bakterium unterscheidet, haben jetzt Forscher der TU Kaiserslautern beschrieben, indem sie die Genausstattung (das Genom) eines harmlosen, nächsten Verwandten von Pneumokokken, Streptococcus mitis, entschlüsselten.

Streptococcus pneumoniae, kurz Pneumokokkus, ist das Haustier der Abteilung Mikrobiologie der TU Kaiserslautern. Dieses Bakterium gehört zu den bedeutendsten menschlichen Krankheitserregern. Es kommt in jedem gesunden Menschen vor und besiedelt den Nasen-Rachenraum. Allerdings ist es vor allem bei Kindern gefürchtet als Erreger der Mittelohrentzündung, kann vor allem bei älteren und kranken Menschen auch Lungenentzündungen verursachen, oder führt zu einer oft tödlich verlaufenden Hirnhautentzündung. Im Zeitalter der Genomforschung gelingt es zunehmend einzelne Gene zu identifizieren, die ausschlaggebend sind für solche Krankheiten. Hilfreich sind dabei Vergleiche mit nahe verwandten Bakterien, die keine Krankheiten verursachen, um die Unterschiede herauszufiltern.

Die Arbeitsgruppe Mikrobiologie im Fachbereich Biologie der TU Kaiserslautern hat jetzt das erste Genom eines harmlosen, nächsten Verwandten von Pneumokokken, Streptococcus mitis, entschlüsselt, und somit eine ausführliche Beschreibung geben können, was einen Krankheitserreger von einem harmlosen Bakterium unterscheidet (siehe Public Library of Science - PLoS ONE (2010), Band 5, Seite: e9426). Überraschend war zunächst, dass viele Gene, die man als wichtig für die Virulenz erachtet hat, auch bei den harmlosen Streptokokken vorkommen. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um Komponenten, die für das Überleben des Erregers im Wirt wichtig sind. Nur wenige Proteine - meist solche, die an der Bakterienoberfläche sitzen - und eine schützende Polysaccharidkapsel, die dem Pneumokokkus den Namen „Zuckerbeschichtetes Bakterium“ gegeben haben, scheinen indes für die Gefährlichkeit von Pneumokokken wesentlich zu sein. Die Identifizierung von Komponenten, die mit Krankheiten zusammenhängen, ist eine wichtige Voraussetzung, um gezielt gegen Krankheitserreger vorgehen zu können, ohne dabei die normale Bakterienflora des Menschen zu beeinträchtigen.

Das Genom von S. mitis liefert vielfache Hinweise für die Bedeutung von Genaustausch (Gentransfer) zwischen den Bakterien, und somit dafür, wer mit wem auf genetischer Ebene kommuniziert. Die Fähigkeiten, Gene aufzunehmen und in das eigene Genom einzubauen, sind besonders wichtig, um die Evolution und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verstehen und verfolgen zu können.

Wichtige Ergebnisse lieferten die Arbeiten auch bezüglich der Evolution dieser Bakterienarten. Von vielen Krankheitserregern wird angenommen, dass sie ursprünglich von harmlosen Verwandten abstammen, und durch die Aufnahme bestimmter Virulengene erst ihr Potenzial erweitert haben. Genau dies scheint auch für Pneumokokken zuzutreffen.