Studienergebnisse britischer Forscher unterstreichen eindrucksvoll die Effektivität einer nicht-medikamentösen Therapie, die bislang noch zu wenig im Zentrum der Aufmerksamkeit von Patienten und niedergelassenen Ärzten gestanden hat: die nicht-invasive, häusliche Beatmung bei schwerer COPD (siehe Journal of American Medical Association, Online-Veröffentlichung am 21.5.2017).
Prof. Nickolas Hart vom St Thomas’ Hospital und Dr. Patrick Murphy vom King‘s College in London haben 116 hyperkapnische COPD-Patienten nach einer lebensbedrohlichen Verschlechterung (Exazerbation) in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe wurde mit Langzeit-Sauerstofftherapie behandelt, die andere erhielt ebenfalls Sauerstoff, aber zusätzlich eine häusliche, nicht-invasive Beatmungstherapie. Es zeigte sich, dass bei den Patienten mit zusätzlicher Beatmungstherapie die Zeit bis zum nächsten Krankenhausaufenthalt oder Tod um 50 % verlängert werden konnte. Das Risiko, im Folgejahr stationär behandelt zu werden oder zu sterben, wurde um 17 % gesenkt und die gefährlichen Exazerbationen wurden um 35 % gesenkt.
„Die Ergebnisse der britischen Studie belegen eindrucksvoll, dass eine nächtliche Maskenbeatmung eine wichtige Therapieoption bei hyperkapnischen COPD Patienten ist“, erklärt Prof. Carl-Peter Criée, Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga. Verantwortlich dafür sind zwei Effekte: Durch die Beatmungstherapie wird das CO2 ausgewaschen und die Atemmuskulatur des Patienten kann sich während der Beatmungstherapie, die in der Regel nur nachts während der Schlafphase angewendet wird, erholen.“
Prof. Wolfram Windisch, Chefarzt der Abteilung Pneumologie an den Kliniken der Stadt Köln und federführender Autor der Leitlinie zur außerklinischen Beatmung, ergänzt: „Wir konnten diese Wirkung der Beatmungstherapie bei hyperkapnischen Patienten bereits in einer Deutsch-Österreichischen Studie 2014 nachweisen.“ Diese Studie (siehe The Lancet Respiratory Medicine, 24.7.2014) hatte stabile COPD-Patienten untersucht. Die Kollegen aus Großbritannien haben nun gezeigt, dass die Beatmungstherapie zu Hause auch COPD-Patienten hilft, die gerade eine Exazerbation überstanden haben.
Die Studienergebnisse werden in die gerade kurz vor Veröffentlichung stehenden deutschen Leitlinien zur COPD bzw. zur nicht-invasiven und invasiven Beatmung einfließen. „Vielen Patenten, aber auch vielen niedergelassenen Ärzten, ist die Wirkung der häuslichen nächtlichen Beatmung noch nicht klar. Es wird eine wichtige Aufgabe in den nächsten Jahren sein, Versorgungskonzepte zu entwickeln, die die ambulante und stationäre Betreuung der Beatmungspatienten in Deutschland sicherstellen“, betont Prof. Windisch.
Häufige Missverständnisse zur außerklinischen Heimbeatmung:
Sind Sauerstofftherapie und Beatmungstherapie dasselbe?
Nein, bei der Sauerstofftherapie (richtiger: Langzeit-Sauerstofftherapie) wird über eine Nasenkanüle hochprozentiger Sauerstoff der Atmung zugefügt.
Bei der nicht-invasive Beatmung (NIV) hingegen wird normale Umgebungsluft über eine Maske in die Atemwege „gepumpt“, durch einen Wechsel der Druckniveaus wird die Einatmung (hoher Druck) bzw. Ausatmung (geringer Druck) durch ein Gerät unterstützt. Die nicht-invasive Beatmung kann auch mit Sauerstoffgabe kombiniert werden.
Welcher Patient mag den ganzen Tag mit einer Beatmungsmaske herumlaufen?
Die NIV wird in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle nachts während des Schlafs angewendet. Durch die Beatmung kann sich der COPD-Patient besser erholen und eine zu hohe CO2-Konzentration im Blut wird vermieden.
Ist die Beatmung eine Maßnahme für eine kurzzeitige, präfinale Lebensverlängerung?
Die Beatmungstherapie erhält die Mobilität der Patienten und steigert die Lebenserwartung. Zudem ermöglicht die Beatmung vielen Patienten mit schwerer COPD Lebensjahre mit gesteigerter Lebensqualität. Im engeren Sinne handelt es sich also nicht um eine „palliativmedizinische Maßnahme“.
Oft wird auch von Heimbeatmung gesprochen. Heißt das, dass die Beatmung in einem Pflegeheim erfolgt?
Die Begriffe „Heimbeatmung“ und „häusliche“ oder „außerklinische Beatmung“ werden synonym verwendet. Die Begriffe unterstreichen, dass der Patient nicht in einer Klinik die Therapie anwendet, sondern in den allermeisten Fällen zu Hause.
Quelle: Deutsche Atemwegsliga e.V.