Die Häufigkeit von Asthma bronchiale im Kindesalter nimmt europaweit zu. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Verschiedene Studien zeigten in den letzten Jahren, dass Bauernhofkinder deutlich seltener unter Asthma leiden als andere Kinder. Den Grund dafür deckte nun ein internationales Wissenschaftlerteam um die Mediziner Dr. Markus Ege und Prof. Erika von Mutius vom Haunerschen Kinderspital (Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, LMU) mithilfe epidemiologischer Studien auf: Das niedrigere Asthmarisiko von Bauernhofkindern kann zu einem großen Teil durch die größere Vielfalt an Umweltmikroorganismen erklärt werden, denen diese Kinder im Umfeld eines Bauernhofes ausgesetzt sind (siehe New England Journal of Medicine 2011, Band 364, Seite 701-709).
Asthma gehört in Europa zu den wichtigsten chronischen Krankheiten im Kindesalter, auch leiden Asthmatiker oft ein ganzes Leben lang an ihrer Krankheit. Daher kommt Asthma eine besondere gesellschaftliche und gesundheitspolitische Relevanz zu. Verursacht wird die Krankheit durch eine Kombination genetischer und umweltbedingter Faktoren, wobei verschiedene Studien der letzten Jahre ergaben, dass Bauernkinder ein deutlich niedrigeres Asthmarisiko haben als andere Kinder. Um der Ursache dieses Phänomens auf den Grund zu gehen, untersuchten die LMU-Forscher nun Schulkinder in Bayern. Im Rahmen der beiden großen europäischen Epidemiologiestudien GABRIEL und PARSIFAL verglichen Ege und seine Kollegen Kinder, die auf einem Bauernhof lebten, mit anderen Kindern aus denselben ländlichen Regionen, die allerdings nicht auf einem Bauernhof lebten.
Das Besondere an der neuen Untersuchung: Die Wissenschaftler beschränkten sich auf Innenräume und untersuchten den Staub aus den Kinderzimmern auf Pilze und bakterielle Erbsubstanz (DNA). Im Ergebnis zeigte sich, dass sich Bauernkinder auch in Innenräumen mit viel mehr verschiedenen Umweltmikroben auseinandersetzen müssen als andere Kinder. Dabei erschienen die Umweltkeime quasi als Gesundheitswächter: Je vielfältiger der Mikrozoo im Hausstaub war, desto geringer war das Asthma-Risiko. Auf welche Weise diese Keime das Asthmarisiko senken, ist aber noch unklar. Die Wissenschaftler halten verschiedene Erklärungen für denkbar. „Eine Möglichkeit wäre, dass die Kombination bestimmter Umweltkeime das angeborene Immunsystem anregt und eine Asthma begünstigende Immunlage dadurch verhindert wird“, erklärt Ege. Eine andere Erklärung könnte darin liegen, dass die Auseinandersetzung mit vielfältigen Umweltmikroorganismen die übermäßige Besiedelung der unteren Atemwege mit Asthma auslösenden Keimen verhindert - ähnlich wie im Darm, der für eine reibungslose Funktion auch eine ausgewogene Keimflora benötigt.
Mikrobielle Vielfalt allein reicht vermutlich allerdings nicht aus, um Asthma zu verhindern. Wahrscheinlich ist es eine Kombination spezifischer Arten, die eine Schutzwirkung entfalten kann. „Im gesamten untersuchten Spektrum fanden sich einige Keime, die besonders interessant sein könnten“, berichtet Ege, „Dazu gehören außer bestimmten Bazillen und Staphylokokken - etwa die Art Staphylococcus sciuri - auch Schimmelpilze der Gattung Eurotium.“ Die nächste Herausforderung für die Wissenschaftler ist es nun, den Zusammenhang zwischen der Präsenz von Mikroben im Hausstaub und dem Schutz vor Asthma artspezifisch zu untersuchen - und so auf lange Sicht unter den Kandidaten diejenigen Keime zu finden, die für einen potenziellen Impfstoff infrage kommen.
Quelle: Dr. von Hauernesches Kinderspital, München