Eine Erkrankung an Grippe und zusätzlich ein bakterielle Infektion – die sog. Superinfektion, das ist ein Angriff auf unseren Körper, der auch tödlich verlaufen kann. Aktuelle Erkenntnisse von WissenschafterInnen der Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien können möglicherweise einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuer Therapien zur Behandlung von grippebedingten bakteriellen Infektionen leisten (siehe Science, Online-Veröffentlichung am 25.4.13)". Ziel ist es, Patienten besser behandeln und vor einer permanenten Schädigung der Lunge schützen zu können.
Die Grippe wird durch das sogenannte Influenzavirus hervorgerufen, das hauptsächlich die oberen Atemwege – Nase, Hals und Rachen – und die Bronchien befällt. Die Lungenbläschen sind nur selten davon betroffen. Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass rund fünf bis 15 Prozent der Bevölkerung während der Grippesaison an Erkrankungen der oberen Atemwege leiden. Für 250.000 bis 500.000 Menschen jährlich endet die Grippe tödlich. Diese Todesfälle sind aber in vielen Fällen nicht auf die Grippeerkrankung an sich zurückzuführen, sondern auf damit einhergehende bakterielle Infekte.
Bei einer Erkrankung mit dem Influenzavirus ist der Mensch für bakterielle Infekte besonders anfällig. Unter normalen Umständen verhindert das menschliche Immunsystem dass sich die Bakterienart Legionella pneumophila im Körper vermehrt und ausbreitet. In besonderen Situationen, so z.B. bei einer Grippeerkrankung, kann Legionella jedoch eine Lungenentzündung hervorrufen – das ist eine akute Entzündung des Lungengewebes. Bei Nichtbehandlung kann die Lunge permanent geschädigt werden, und die Erkrankung kann sogar zum Tode führen. Amanda Jamieson, Hauptautorin der Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department für Mikrobiologie, Immunbiologie und Genetik der Universität Wien, begann ihre Forschungen über diese Zusammenhänge im Labor von Ruslan Medzhitov, Immunologe an der Yale University, USA, bevor sie das Projekt in Zusammenarbeit mit Thomas Decker, Professor an den MFPL der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, weiterführte. „Wenn wir unser Modellsystem gleichzeitig mit dem Influenzavirus und Legionella infizierten, führte dies zum Tode. Wir alle hatten erwartet, dass dies daran liegt, dass sich die Bakterien wie verrückt vermehren und ausbreiten. Dies war aber nicht der Fall, die Bakterienzahl blieb gleich, das war eine wirkliche Überraschung“, so Amanda Jamieson.
Jamieson und Ihre KollegInnen konnten nun nachweisen, dass die Schädigungen am Lungengewebe bei einer gleichzeitigen Infektion mit dem Grippevirus und Legionella nicht richtig repariert werden, denn der Influenzavirus unterdrückt die Reparaturmechanismen des Körpers. Im Falle einer zusätzlichen Legionella-Infektion kann dies zu einer tödlich verlaufenden Lungenentzündung führen. Verabreichten die ForscherInnen jedoch Substanzen zur Stärkung körpereigener Reparaturmechanismen, waren tödlich verlaufende Infektionen viel seltener. Diese Erkenntnisse legen neue Therapieansätze zur Behandlung bakterieller Infekte während einer Grippeerkrankung nahe.
Quelle: Universität Wien