Menschen unterscheiden sich in der Funktionsfähigkeit ihrer Lunge und in ihrer Anfälligkeit für umweltbedingte Lungenerkrankungen. Wie beides zusammen hängt, ist jedoch noch unklar. Einen ersten Erklärungsansatz liefern Untersuchungen an zwei Mausinzuchtstämmen, die Veränderungen an demjenigen Gen aufweisen, das für das Enzym Superoxid Dismutase 3 codiert. Dass diese Genvarianten die Entwicklung der Lunge beeinträchtigen, ist schon länger vermutet worden. Daher haben Prof. Holger Schulz vom Helmholtz Zentrum München und Prof. George D. Leikauf von der Universität Pittsburgh gemeinsam mit Wissenschaftlern weiterer deutscher und amerikanischer Forschungsinstitute einmal näher beleuchtet, welche Rolle dieses Gen und der von ihm gebildete Eiweißstoff bei der nachgeburtlichen Entwicklung der Lunge spielen. Ihre Ergebnisse wurden im März vorab online in der Fachzeitschrift Physiological Genomics (2009, Online-Ausgabe vom 24.3.) veröffentlicht.
Die Forscher konnten nachweisen, dass die untersuchten Genvarianten der Superoxid Dismutase 3 dafür verantwortlich sind, dass in den verschiedenen Stadien der Lungenausbildung bei den genveränderten Mäusen immer weniger Enzymprotein gebildet wird. Dies wirkt sich insbesondere auf die Epithelzellen der Bronchien und auf die für den Gasaustausch zuständigen Parenchymzellen der Lungenbläschen aus. Dass auch bei Kindern mit beeinträchtigter Lungenfunktion vergleichbare Genvariationen wie bei den untersuchten Mäusen vorliegen, konnten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Prof. Erika von Mutius von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Prof. Michael Kabesch von der Medizinischen Hochschule Hannover anhand einer Stichprobe von gut 1500 neun- bis elfjährigen Kindern aus München und Dresden zeigen. Wie bei der Maus reift die Lunge auch beim Menschen nach der Geburt weiter heran und entwickelt erst im Verlauf der Kindheit und frühen Jugend ihre volle Leistungsfähigkeit.
„Mit unserer Untersuchung ist ein wichtiger Schritt getan, um die im Labor gewonnenen Erkenntnisse zur Genetik der Lungenfunktion auf den Menschen zu übertragen und die zugrunde liegenden Mechanismen verstehen zu können“, erklärt Prof. Holger Schulz, der im Institute for Lung Biology and Disease und dem vom Helmholtz Zentrum München, der Ludwig-Maximilians-Universität und den Asklepios Fachkliniken gemeinsam aufgebauten Comprehensive Pneumology Center (CPC) an den Mechanismen umweltbedingter Lungenerkrankungen forscht. „Wir wissen, dass Superoxid Dismutase 3 die Lunge vor oxidativem Stress schützt, der beispielsweise durch bestimmte Chemikalien oder Zigarettenrauch verursacht wird. Dies könnte ein Bindeglied zwischen Passivrauch und eingeschränkter Lungenentwicklung bei Kindern sein.“