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Geglückter Eingriff in die Lunge eines Ungeborenen im Mutterleib

Ein verfrühter Sprung in der Fruchtblase während der Schwangerschaft kann das Lungenwachstum des heranwachsenden Kindes erheblich beeinträchtigen. Fetalchirurgen am Universitätsklinikum Bonn haben eine Methode entwickelt, um dem Kind im Mutterleib mit einem endoskopischen Eingriff zu helfen.

Kommt es vor der 20. Schwangerschaftswoche zu einem Sprung in der Fruchtblase, kann dies das Lungenwachstum des heranwachsenden Kindes gravierend behindern. Denn wenn das schützende Fruchtwasserpolster fehlt, kann die noch nicht ausgereifte Lunge des Ungeborenen durch die Gebärmutter und seine eigenen Bauchorgane zunehmend gequetscht werden, so dass sie nicht weiter wachsen kann. Mit einer stark unterentwickelten Lunge besteht dann bei und nach der Geburt die Gefahr, dass das Baby erstickt. Für viele Schwangere kann das ein Grund sein, die Schwangerschaft abbrechen zu wollen, obwohl das Kind ansonsten gesund ist. „Doch so hoffnungslos ist diese Situation nicht“, meint Prof. Dr. Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie und minimal-invasive Therapie (DZFT) am Universitätsklinikum Bonn. Er berät Schwangere bei einem vorzeitigen Blasensprung und klärt ab, ob ein vorgeburtlicher Eingriff hilfreich sein könnte.

So haben die Fetalchirurgen am Universitätsklinikum Bonn bereits im Frühjahr 2008 den Versuch unternommen, einem Ungeborenen, dessen Mutter ab der 16. Schwangerschaftswoche durch ein kleines Leck in der Fruchtblase schleichend Flüssigkeit verlor, durch eine Operation im Mutterleib das Leben zu retten. Und zwar mit Erfolg, wie die Fachzeitschrift Obstetrics & Gynecology jetzt berichtet: Über eine kleine Öffnung im Bauch der Mutter führten sie ein spezielles Endoskop – ein so genanntes Fetoskop, dünn wie eine Kugelschreibermine - in die Fruchthöhle ein. Unterstützt durch Kamera und Ultraschall tasteten sie sich dann mit dem Gerät über die Mundöffnung bis zur Luftröhre des Ungeborenen vor. Dort wurde ein Mini-Ballon aufgeblasen, um den Atemkanal zu verschließen. Ziel war, mit dieser Atemwegsblockade die von der vorgeburtlichen Lunge stetig produzierte Flüssigkeit nicht mehr abfließen zu lassen Der so aufgebaute Flüssigkeitsdruck soll die Lunge zum Wachstum anregen, wobei sich auch die Lungendurchblutung entscheidend verbessern sollte. Als der Latexballon nach sieben Tagen wieder entfernt wurde, hatte die Lunge des Ungeborenen, die zum OP-Zeitpunkt ungefähr zwei Monate in ihrer Entwicklung zurückgeblieben war, tatsächlich bereits enorm aufgeholt und war fast normal groß.

Noch ist ein solcher fetalchirurgischer Eingriff unter diesen Bedingungen wenig erprobt. „Aber durchaus Erfolg versprechend“, betont Kohl. Bereits am dritten Tag nach der Geburt im Mai 2008 konnte das Kind selbständig atmen und wog zum errechneten Geburtstermin bereits rund 3.500 Gramm.