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Gefährlichkeit des Vogelgrippevirus künftig besser abzuschätzen

Forscher haben kürzlich zwei Stellen in der Erbsubstanz des Vogelgrippevirus entdeckt, die bei der Übertragung des Erregers auf den Menschen eine wichtige Rolle spielen. Sollten an diesen Genorten Mutationen stattfinden, würden möglicherweise sehr viel mehr Menschen an Vogelgrippe erkranken als bisher...

Die Gefährlichkeit des Vogelgrippevirus für den Menschen wird sich künftig besser abschätzen lassen, wie kürzlich ein Team von japanischen, britischen und US-Wissenschaftlern in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtete. Sie entdeckten zwei Stellen in der Viren-Erbsubstanz, die bei der Übertragung der Erreger auf den Menschen eine wichtige Rolle spielen. „Normalerweise befällt das H5N1-Virus ja nicht Menschen, sondern hauptsächlich Vögel, weil es sich auf diesen Tierstamm spezialisiert hat. Daher passt es besonders gut auf bestimmte Bindungsstellen – so genannten Rezeptoren – in den Atemwegen von Vögeln und kann diese wie der Schlüssel zum Schloss quasi als Eintrittspforte in den Organismus der Vögel benutzen und die Krankheit übertragen,“ erklärt Prof. Dr. Peter Wutzler vom Institut für Virologie und Antivirale Therapie des Universitätsklinikums in Jena und Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten. „Bestimmte Mutationen in der Viren-Erbsubstanz – also spontane Gen-Veränderungen - können die Passmaße für dieses Schlüssel-Schloss-Prinzip allerdings so verändern, dass sie das Virus dazu befähigen, leichter auch in den menschlichen Organismus einzudringen und diesen ebenfalls anzustecken. Zwei Stellen auf der Erbinformation des Virus wurden jetzt entdeckt, bei denen das der Fall ist. Sollte an einem dieser Genorte eine Mutation stattfinden, könnte eine Übertragung auf den Menschen künftig leichter stattfinden. Dann würden möglicherweise sehr viel mehr Menschen als bisher an Vogelgrippe erkranken und daran sterben– dann könnte uns also eine Pandemie drohen.“

Pandemie-Potential besser zu beurteilen
Künftig wird sich mit Hilfe dieser Entdeckung besser beurteilen lassen, ob ein kursierender Vogelgrippe-Virusstamm auch für Menschen gefährlich ist und somit das Potential hat, eine Pandemie auszulösen. „Veränderungen an den zwei genannten Genorten können uns als molekulare Marker dafür dienen, ob ein Virus das Potential hat, auch Menschen zu befallen“, erläutert Wutzler. „Theoretisch können natürlich auch weitere Mutationen, die wir noch nicht kennen, ebenfalls für den Menschen gefährlich werden. Das heißt, wir dürfen uns bei der Beurteilung der Gefährlichkeit eines Virenstammes nicht ausschließlich auf diese beiden Marker verlassen. Eine nachgewiesene Veränderung an einem der beiden Genorte ist aber ein guter Hinweis darauf, dass der betreffende Viren-Stamm auch Menschen krank machen kann.“

Tamiflu unter Beobachtung
Zur Behandlung einer Vogelgrippe-Infektion beim Menschen werden – wie bei der „normalen“ menschlichen Influenza-Grippe - so genannte Neuraminidase-Hemmer eingesetzt, die innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der ersten Krankheitsbeschwerden eingenommen werden sollten. „Derzeit stehen zwei Medikamente, Tamiflu und Relenza, zur Verfügung“, bestätigt Prof. Dieter Köhler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Leiter des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft im nordrhein-westfälischen Schmallenberg. „Tamiflu wird als Tablette eingenommen und wirkt so auf den gesamten Organismus. Relenza hingegen wird über eine spezielle Inhaliervorrichtung eingeatmet, so dass es das Virus direkt in den Atemwegsorganen bekämpft – also dort, wo sich das Vogelgrippe-Virus einnistet und von wo aus es den Organismus angreift.“ Vor kurzem gab es Berichte aus Japan, dass es nach der Einnahme von Tamiflu vor allem bei Kindern zum Auftreten von Halluzinationen gekommen ist. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat die Ärzte in den USA daher aufgefordert, künftig nach der Verordnung von Tamiflu bei ihren Patienten auf Zeichen von Verwirrtheit und Selbstverletzung zu achten. Eine interaktive, tagesaktuelle Online-Karte mit den bisher in der Welt aufgetretenen Fällen von Vogelgrippe bei Tier und Mensch finden Sie auf der Startseite unseres Patienteninformationsportals rechts oben "im Fokus".