Vor dem Einsatz von Stammzelltherapien zur Behandlung von Lungenerkrankungen haben 19 internationale medizinische Fachgesellschaften in einem gemeinsamen Positionspapier gewarnt (siehe European Respiratory Society: Statement on Unproven Stem Cell interventions for Lung Diseases. Juli 2016). In einigen Fällen würden unglaubwürdige, unwirksame und für die Patienten sogar schädliche Behandlungsansätze angeboten, deren Nutzen keinesfalls wissenschaftlich belegt und weder von Experten noch von Gesundheitsbehörden geprüft sei (siehe Annals of the American Thoracic Society 2016, Band 13, Nr. 8, Seite: 1205-1207 und Annals of the American Thoracic Society 2016, Band 13, Nr. 8, Seite: S259-S27).
Wie eine Stammzellbehandlung generell abläuft: Über eine Knochenmarks- oder Fettgewebsbiopsie oder auch eine Blutentnahme entnehmen Therapeuten den Lungenpatienten Zellmaterial und isolieren daraus spezifische Stammzellen oder eine Mischung von solchen. Teilweise „verstärken“ sie die isolierten Zellen durch eine spezielle Nachbehandlung. Die Patienten erhalten dann ein paar Stunden oder ein bis zwei Tage nach der Biopsie eine Injektion oder eine Infusion mit diesen „verstärkten“ Zellen ins Blut oder direkt in die Lungen.
Die Stammzellforschung hat in den letzten Jahren zukunftsweisende Erfolge im Hinblick auf personalisierte Therapieansätze verzeichnen können. Auch in der Lungenforschung gibt es erste vielversprechende Studien, die Anlass zu Hoffnung geben. Allerdings handelt es sich dabei erst um eine kleine Zahl von wirklich überprüften und anerkannten klinischen Studien in den USA, Kanada, der EU, Brasilien, Asien und Australien.
Die Fachgesellschaften betonen, dass generell über die kurz- und langfristigen Wirkungen von Stammzelltherapien zur Behandlung von Lungenerkrankungen bislang nur sehr wenig bekannt ist, vor allem was die Sicherheit und Wirkmechanismen angeht. In diesem frühen Stadium müsse man sich umso mehr darüber im Klaren sein, dass eine Stammzellbehandlung negative Folgen für die Patienten haben könne, betonen die Vertreter der Fachgesellschaften, darunter die European Respiratory Society.
Die Vertreter der Fachgesellschaften sprechen zudem von einem weltweiten, unseriösen „medizinischen Stammzell-Tourismus“ hin zu einer wachsenden Zahl von Kliniken, die unseriöse und unwirksame Stammzelltherapien anbieten, zum Teil sogar in Deutschland. Dieses globale Problem würde auf dem Rücken von verzweifelten Patienten mit schweren Lungenerkrankungen ausgetragen. Die Werbestrategien der Anbieter würden zudem immer aggressiver und skrupelloser.
Quelle: Lungeninformationsdienst am 29.8.16