Fliegen stellt für Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen eine erhöhte Belastung des Herzens dar und verursacht einen höheren Sauerstoffbedarf als bei Gesunden, was eine zusätzliche Sauerstoffgabe während der Flugreise erforderlich machen kann. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne hin. „In der Flugzeugkabine herrscht ein ähnlicher Luftdruck wie im Hochgebirge – im Airbus A380 zum Beispiel entspricht der Kabinendruck einer Höhe von etwa 2300 Metern über dem Meeresspiegel“, erklärt Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Rat der DGP und Leiter der Lungenklinik Kloster Grafschaft im nordrhein-westfälischen Schmallenberg. „Das ist für Gesunde unproblematisch, kann aber für Patienten mit einer Lungenfibrose oder Raucherbronchitis (COPD) zum Problem werden, da mit zunehmender Höhe die Sauerstoffsättigung in der Kabine abnimmt – bei einer Flughöhe von zum Beispiel 2100 bis 2400 Metern sinkt sie um circa vier Prozent. In der Folge reduziert sich sowohl bei den Patienten als auch bei Gesunden der Sauerstoffgehalt des Blutes. Um das auszugleichen, wird dann die Atemfrequenz gesteigert, um mehr Sauerstoff aufzunehmen. Dies allerdings verursacht für Lungenkranke viel mehr physiologischen Stress als für Gesunde, der mit einem zusätzlich erhöhten Sauerstoffbedarf einhergeht. Insgesamt müssen diese Patienten mehr Atemarbeit leisten und benötigen dazu mehr Sauerstoff, um ihre Herz-, Lungen- und Hirnfunktion unter Flugbedingungen aufrecht zu erhalten. Die Betroffenen sollten daher vor der Flugreise sicherstellen, dass für sie bei Bedarf ein Sauerstoffgerät im Flugzeug zur Verfügung steht.“
Nicht im Flugzeug umherlaufenPatienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) sollten nicht im Flugzeug umherlaufen, weil körperliche Belastung den Sauerstoffverbrauch und damit den Abfall der Sauerstoffsättigung zusätzlich steigert, was bei diesen Patienten kritisch werden kann. „Die Sauerstoffspannung, die beim Aufsteigen des Flugzeugs beträchtlich abnimmt, kann nach dem Erreichen der maximalen Flughöhe nur dann stabil bleiben, wenn der COPD-Patient keine unnötigen körperlichen Anstrengungen unternimmt, die den Sauerstoffverbrauch zusätzlich antreiben“, erläutert Köhler. „Betroffene sollten deshalb während des Fluges möglichst sitzen bleiben – ganz entgegen der bekannten Ratschläge zur Vermeidung von Thrombosen. Schließlich lassen sich auch im Sitzen bestimmte Bewegungen durchführen, mit denen sich das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln in den Gefäßen verringern lässt, die für die Patienten aber weniger anstrengend sind.“
Vor dem Abflug zum Lungenfacharzt gehenUm besser abschätzen zu können, ob eine zusätzliche Sauerstoffgabe beim Fliegen erforderlich ist, sollten Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sich vor der Reise lungenfachärztlich untersuchen lassen. „Vor einer Flugreise sollte der betreffende Patient sich vorzugsweise in einem stabilen Zustand befinden“, betont Köhler. „Das heißt, er sollte mindestens 50 Meter gehen können, ohne kurzatmig zu werden, und einen möglichst guten Lungenfunktionswert und Sauerstoffgehalt im Blut aufweisen. Wer demgegenüber am Flugtag eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands (eine so genannte Exazerbation) mit schwerer Atemnot erleidet, muss auf jeden Fall mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt werden. Es gibt auch Lungenärzte, die vor dem Flug - mit dem so genannten hypoxia inhalation test - eine bestimmte Höhenexposition simulieren können, um festzustellen, wie stark der Sauerstoffdruckabfall beim Patienten ausfällt und welches Ausmaß insofern auch beim Flug zu erwarten sein dürfte. Dabei ist ab einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck von weniger als 50 mm Hg bereits eine kontinuierliche Sauerstoffgabe zu empfehlen.“