COPD ist eine chronisch-obstruktive, fortschreitende Lungenerkrankung, die durch Entzündungsprozesse gekennzeichnet sind, bei denen bestimmte Abwehrzellen - nämlich die sog. neutrophilen Granulozyten, die zu den weißen Blutkörperchen gehören – eine hauptsächliche Rolle spielen. Diese Immunzellen bilden zur Abwehr von Krankheitserregern Fangnetze aus – sog. neutrophil extracellular traps (NET). Solche NETs werden bei verschiedenen entzündlichen Lungenerkrankungen im Übermaß gebildet – wie z.B. bei Mukoviszidose, Asthma und exazerbierter COPD.
Salzburger Forscher haben jetzt untersucht, ob diese Fangnetze der neutrophilen Granulozyten bei COPD-Patienten nur nach einer Exazerbation auftreten, und stellten fest, dass die Menge an NETs in direktem Zusammenhang mit der Schwere der COPD-Erkrankung steht (siehe Respiratory Research 2015, Band 16, Seite 59). So fanden sie 90% der NETs im Sputum von Patienten mit exazerbierter COPD, 45% bei Patienten mit stabiler COPD, 25 % bei Rauchern ohne COPD sowie weniger als 5% bei Nicht-Rauchern. Die Bildung der Fangnetze (NETs) ist also nicht auf Exazerbationen beschränkt, sondern kommt auch bei stabiler COPD vor. Ihr Ausmaß bestimmt den Grad der Einschränkung des Atemflusses. Die Forscher schlussfolgern daher, dass NETs eine wesentliche Rolle bei den Entzündungsprozessen der COPD und bei der Zerstörung von Lungenbläschen spielen.
„Die erst vor relativ kurzer Zeit entdeckte Immunabwehr mittels NETs ist ein zweischneidiges Schwert. NETs sind einerseits sehr wichtig für die Bekämpfung von eingedrungenen Keimen. Bei chronischen Entzündungen bleiben die aggressiven NETs aber bestehen, werden sogar vermehrt gebildet und schädigen das körpereigene Gewebe", erläutert einer der Salzburger Forscher, der Zellbiologe Walter Stoiber. NETs seien quasi vergleichbar mit einem Abflussreiniger, der nicht nur die Verstopfung löst, sondern auch die Rohre angreift. Im Fall der COPD seien die Lungenbläschen die Rohre, die durch einen zu starken Reiniger kaputt gingen, quasi als Kollateralschaden. Jetzt hoffen die Forscher, möglicherweise einen neuen, ursächlichen Therapieansatz entwickeln zu können, mit der sich COPD künftig besser behandeln lässt als bisher.
Quelle: Der Standard.at vom 25.9.15