Jeder Mensch über 60 Jahre sollte sich unbedingt neben einer vierten Corona-Impfung gegen Grippe impfen lassen und sich somit gegen das Influenza-Virus schützen. 90 Prozent der Grippe bedingten Todesfälle entfallen auf diese Altersgruppe.
„Bei Ungeimpften beobachten wir insbesondere im ersten Monat nach der Influenza-Infektion häufiger Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Als Spätfolge kann nach mehr als zehn Jahren ein Morbus Parkinson auftreten“, warnt Dr. Andreas Leischker, Vertreter der DGG-Arbeitsgruppe Impfen. „Bei einer Influenza-Infektion kann sich im Verlauf der Erkrankung zusätzlich eine durch Pneumokokken-Bakterien verursachte Pneumonie, also Lungenentzündung, entwickeln, die zu besonders schweren Verläufen führt. Dieses Risiko, welches insbesondere ältere Patientinnen und Patienten betrifft, gilt es zu verhindern“, ergänzt Professorin Hortense Slevogt, Immunologin und Vorstandsmitglied der DGP. Sie ruft dazu auf, dass sich alle Risikogruppen vorsorglich impfen lassen sollten.
Die Influenzaimpfung schütze nicht nur vor einer akuten Grippeerkrankung, sondern könne auch das Risiko für Herzinfarkte signifikant senken und die Gesamtsterblichkeit um 40 Prozent reduzieren, sagen die beiden Experten. Bei Patientinnen und Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) tritt zudem deutlich seltener eine Demenz auf, wenn sie jährlich gegen Influenza geimpft werden. Derzeit lassen sich in Deutschland aber nur rund 47 Prozent aller Menschen gegen Influenza impfen. Dabei besteht weiter das erhöhte Risiko einer Ansteckung: Laut Robert Koch-Institut (RKI) steigt die Zahl der Arztbesuche wegen Atemwegserkrankungen weiter an. In 69 Prozent der zuletzt vom RKI untersuchten Stichproben wurden respiratorische Viren identifiziert. Darunter überwiegend Influenzaviren, aber ebenso Respiratorische Synzytial-Viren (RSV), Rhinoviren, Parainfluenzaviren, humane saisonale Coronaviren, SARS-CoV-2-Viren und humane Metapneumoviren.
„Neben der vierten Corona-Impfung sollten älteren Menschen für den wirksameren Schutz unbedingt den hochdosierten Influenzaimpfstoff verabreicht bekommen – er enthält viermal so viel Wirkstoff wie der konventionelle Influenzaimpfstoff, der eher für jüngere Menschen mit umfassender Immunabwehr ausreichend ist“, erklärt Andreas Leischker, Lehrbeauftragter der Philipps-Universität Marburg. Er folgt damit auch dem Rat der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut. Die Kommission empfiehlt die Grippeimpfung grundsätzlich zudem für chronisch Kranke, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Menschen mit einem erhöhten beruflichen Risiko wie bei medizinischem Personal und Menschen, die alte Angehörige oder Bekannte pflegen.
Vor der Corona-Pandemie begann die jährliche Grippewelle meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. „Durch die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen ist die Grippewelle zwei Jahre lang praktisch ausgefallen. Die Menschen hatten dadurch längere Zeit keinen Kontakt zu Influenza-Viren, eine Herdenimmunität besteht nicht mehr. Die Verbreitung verläuft in diesem Jahr früher, schneller und heftiger als in den Vorjahren“, erläutert Hortense Slevogt, Oberärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit Anfang Oktober haben sich die wöchentlichen Neuansteckungen mit Influenza mehr als verdoppelt. Das RKI hat deshalb rückwirkend den Start der Grippewelle für die vorletzte Oktoberwoche datiert. „Wir empfehlen daher dringend allen Über-60-Jährigen, sich so bald wie möglich impfen zu lassen. Dies schützt nicht nur vor der stark grassierenden Influenza, sondern beugt auch bakteriellen Lungenentzündungen vor, von denen sich gerade ältere Menschen in der Regel nur sehr langsam erholen können. Es ist genügend Impfstoff da“, betont Hortense Slevogt.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)