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Europäisches Netzwerk entwickelt neue Wirkstoffe gegen Mukoviszidose

Ziel des europäischen Netzwerks INSTINCT ist es, neue, individuell zugeschnittene Wirkstoffe gegen seltene Erkrankungen wie Mukoviszidose mit Hilfe von Stammzellen betroffener Patienten zu entwickeln.

Jedes 3000. Neugeborene in Deutschland ist an Mukoviszidose erkrankt, auch Cystische Fibrose genannt. Das europäische Netzwerk für seltene Erkrankungen INSTINCT (abgekürzt aus dem Englischen: Induced pluripotent stem cells for identification of novel drug combinations targeting cystic fibrosis lung and liver disease) widmet sich der Suche nach neuen Wirkstoffen für diese seltene Erkrankung. Seit dem 1. Juni 2016 forschen acht Partner aus Deutschland, Italien, Kanada, den Niederlanden und Portugal im so genannten E-Rare-Netzwerk für seltene Erkrankungen nach neuen Wirkstoffkombinationen. 

Koordiniert wird das Projekt von Prof. Dr. Ulrich Martin mit Sitz in den Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe (LEBAO) und in der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die Europäische Union (EU) fördert das Projekt mit 1,2 Millionen Euro. Für ihre Forschungsarbeiten erhält die MHH davon 300.000 Euro. „Wir wollen mit Hilfe von Stammzellen betroffener Patienten nach neuen Wirkstoffen suchen und in personalisierten Zellkulturmodellen für Mukoviszidose-Erkrankungen der Lunge und der Leber bis zur präklinischen Phase testen – insbesondere für die häufigste Mutation im Ionenkanal CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator), aber auch für bestimmte seltene Mutationen“, erläutert Prof. Martin.

Mukoviszidose ist eine schwere Störung aller Drüsen im menschlichen Körper. Der angeborene Defekt im Salz- und Wassertransport führt vor allem zu zähflüssigem Schleim in den Atemwegen und der Lunge, der chronisch bakterielle Infektionen fördert. Auch Verdauungsstörungen und damit verbundenes Untergewicht gehören zu den Symptomen der Erkrankung.

Die mittlerweile verfügbaren Therapien der Mukoviszidose sind zwar eine der größten Erfolgsgeschichten der modernen Medizin. So starben vor 50 Jahren die meisten Patienten bereits im Säuglings- und Kleinkindalter und noch Anfang der achtziger Jahre erreichte nur eine Minderheit der Patienten das Erwachsenenalter. Demgegenüber wird den heute geborenen Patienten eine mittlere Lebenserwartung von mehr als 40 Jahren vorhergesagt. Die Lebensqualität und Lebenserwartung sind vor allem deshalb gestiegen, weil die Therapien kontinuierlich verbessert wurden. Aber auch heutzutage ist im Endstadium der Erkrankung eine Lungentransplantation als einzige lebenserhaltende Maßnahme erforderlich. Einige wirkungsvolle Medikamente für die Behandlung von Patienten mit bestimmten selten auftretenden Mutationen konnten in jüngster Zeit bereits entwickelt werden, für die meisten Patienten sind solche Wirkstoffe jedoch bisher nicht verfügbar.

Ziel des europäischen Netzwerks INSTINCT ist es daher, neue Verbindungen zu identifizieren, diese sinnvoll zu kombinieren und schließlich an verschiedenen Geweben zu testen, die auf einzelne Patienten zugeschnitten sind. Als personalisiertes Modell für Mukoviszidose setzen die Forscher so genannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) ein.

Bisher verwendeten Forscher „unsterbliche“ Zelllinien, um Wirkstoffe in einem Hochdurchsatzscreening zu testen. Diese Zelllinien stammen meist aus Tumoren, an denen sich die klinische Wirksamkeit jedoch nur schlecht voraussagen ließ. Die gefundenen Wirkstoffe konnten sich in klinischen Tests häufig nicht bewähren.

„Wir setzen nun insbesondere auf Zellen der Gallengänge und Atemwege, die aus iPS-Zellen von Mukoviszidose-Patienten hergestellt werden und die die spezifischen Eigenschaften der klinisch betroffenen Organe widerspiegeln. Diese Zellen tragen die Mutationen von Mukoviszidose-Patienten und werden für das Screening entsprechend markiert“, erklärt Prof. Martin, dessen Team dank der Unterstützung des Vereins für Mukoviszidose dazu bereits wichtige Vorarbeiten durchführen konnte. Die identifizierten Verbindungen wollen die Forscher dann mit Hilfe unterschiedlicher Testsysteme auf ihre Wirkung untersuchen und anschließend deren Wirkmechanismus aufklären.

An dem Projekt beteiligt sind die MHH, der Exzellenzcluster REBIRTH (Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie) sowie der Standort Hannover des Deutschen Zentrums für Lungenforschung BREATH, die Universität Lissabon in Portugal, das italienische Institut Giannina Gaslini in Genua, das niederländische Erasmus MC in Rotterdam sowie das Hospital for Sick Children in Toronto und die McGill Universität in Montreal, Kanada.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Prof. Dr. Ulrich Martin, Telefon (0511) 532-8821, Martin.Ulrich@mh-hannover.de und unter folgendem Link: www.lebao.de/forschungsverbünde/instinct

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover