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Ergebnisse der Deutschen Mukoviszidose-Tagung

Die Zukunft der Mukoviszidose-Behandlung geht in Richtung molekulare Therapie. Dabei wird es nicht mehr nur um Fortschritte bezüglich der Lebenserwartung gehen, sondern auch im Hinblick auf die Lebensqualität der Betroffenen.

Bis zu 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind in Deutschland von der bislang unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose (Cystische Fibrose – CF)  betroffen. Zudem werden hierzulande jedes Jahr etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren. Die durch Fortschritte in der medikamentösen Therapie bedingte Steigerung der Lebenserwartung CF-Betroffener (sie liegt durchschnittlich bei 53 Jahren, wie aktuelle Auswertungen aus dem Deutschen Mukoviszidose-Register zeigen), lässt auch die Patientenzahlen immer weiter ansteigen.

Auf der 22. Deutschen Mukoviszidose-Tagung (DMT), die kürzlich in Würzburg stattfand, diskutierten  rund 800 Ärzte, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Pflegekräfte, Psychosoziale Fachkräfte, Rehabilitations-Spezialisten und alle weiteren an der Behandlung von Mukoviszidose-Patienten beteiligten Berufsgruppen über Zugänge und Strukturen der palliativen Versorgung in Deutschland, Mukoviszidose in der digitalen Welt, die neuesten Ansätze der personalisierten Medizin sowie viele weitere Themen.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der diesjährigen Tagung. Das Besondere war, dass mit den beiden ersten Plenarthemen Palliativmedizin und soziale Medien zwei wichtige neue Impulse in der Mukoviszidose-Therapie aufgegriffen wurden“, so Prof. Dr. Dr. Robert Bals vom Universitätsklinikum Homburg, einer der beiden Tagungsleiter. Und sein Kollege in der Tagungsleitung, Prof. Dr. Michael Zemlin vom Universitätsklinikum Homburg ergänzt: „Die Zukunft der Mukoviszidose-Behandlung wird getragen vom Rückenwind der molekularen Therapie. Es wird dabei nicht mehr nur um Fortschritte bezüglich der Lebenserwartung gehen, sondern auch bezüglich der Lebensqualität der Betroffenen - das ist eine positive Nachricht, die wir von dieser DMT mitnehmen.“

Als „Spezialist für Lebensqualität“ versteht sich der Referent und Palliativmediziner Prof. Dr. Sven Gottschling vom Universitätsklinikum Homburg, der das erste Plenum eröffnete. Er wünscht sich, frühzeitig in die Versorgung von chronisch kranken Patienten einbezogen zu werden. Denn: Palliativmedizin kann viel mehr sein als reine Sterbebegleitung und sollte in allen Phasen der Krankheit dazu beitragen, dass sich die Lebensqualität an den Wünschen der Patienten orientiert.

Die psychologische Sicht der palliativen Medizin wurde von Anneke Ullrich vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf dargestellt, die in ihrem Vortrag auf die kürzlich durchgeführte Patientenbefragung des Mukoviszidose e.V. zur Palliativmedizin Bezug nahm. CF-Patienten ist vor allem eines wichtig: die Palliativmedizin darf nicht weiter ein Tabu-Thema sein. Auch Ärzten fällt es oft schwer, die Patienten auf die Möglichkeiten der Palliativmedizin anzusprechen. Verfügbare Leitlinien können Ärzten helfen, sich auf solche Gespräche vorzubereiten.

Grundlegende Strukturen und Zugänge zur Palliativmedizin wurden von Prof. Dr. Christoph Ostgathe vom Universitätsklinikum Erlangen beschrieben. Neben allgemeinen Zentren der Palliativversorgung (APV) gibt es spezialisierte Zentren der Palliativversorgung (SPV). Auch letztere bieten ambulante Versorgungskonzepte an, um Patienten auch zuhause im Sterbeprozess zu begleiten.

Im zweiten Plenum wurden sowohl der Umgang mit sozialen Medien als auch die Telemedizin beleuchtet. In den sozialen Medien - z.B. über Facebook, Instagram, Blogs und Youtube - wird eine Vielzahl an Gesundheitsinformationen zur Verfügung gestellt. Die rasante Entwicklung und die Popularität der sozialen Medien sind mit Chancen (Krankheitsbewältigung, emotionale Unterstützung, Öffentlichkeit), aber auch mit Risiken (Falschinformation, Überforderung, Datenschutz) verbunden.

In der Telemedizin können bereits heute über Videokonferenzen Ärzte für eine Zweitmeinung oder Spezialisten für die Behandlung von Patienten zugezogen werden. Als Beispiel vorgestellt wurde das telemedizinische Netzwerk TELnet@NRW, das mit 20 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds gefördert wird. Perspektivisch könnten mit einem solchen telemedizinischen Ansatz auch Sprechstunden für CF-Patienten mit dem behandelnden Arzt von zuhause aus möglich werden.

Im letzten Plenum der Tagung ging es um personalisierte Medizin. Zentral war dabei das Thema CFTR-Modulatoren - laut Prof. Dr. Burkhard Tümmler von der Medizinischen Hochschule Hannover das „Hot Topic der Mukoviszidose-Forschung 2019“. In den USA wurde vor einigen Wochen die erste Dreifachkombination aus Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor zugelassen. Dieses Medikament kann die Lungenfunktion und auch die Häufigkeit von Verschlechterungsschüben (Exazerbationsrate) bei CF-Patienten ab zwölf Jahren mit einer oder zwei F508del Mutationen deutlich verbessern. Es zeigte sich in den Studien jedoch ein sehr heterogenes Ansprechen, d.h. es wird auch Patienten geben, die weniger von dem neuen Medikament profitieren. In Europa wird mit einer Zulassung in der zweiten Hälfte 2020 gerechnet.

Eine erfolgreiche Antibiotika-Therapie funktioniert nicht nach dem „One fits all-Prinzip“, denn dafür werden auch Antibiotika viel zu individuell im Körper des Menschen verwertet. Prof. Dr. Barbara Kahl vom Universitätsklinikum Münster machte in ihrem Vortrag darauf aufmerksam, dass die Kontrolle der Medikation durch Blutanalysen (Drug-Monitoring im Serumspiegel) wichtig ist, um die Dosierung optimal einzustellen. In Resistenzprüfungen wird die Empfindlichkeit von Bakterien gegenüber Antibiotika geprüft, entsprechend wichtig ist es daher, optimale Wirkstoff-Konzentrationen durch die Therapie zu erreichen.

Im ModuS-Projekt wurden CF-spezifische Schulungsmodule für Betroffene zur Optimierung des individuellen Umgangs mit der Krankheit entwickelt. Eine Schulung für Eltern in den ersten beiden Lebensjahren und eine Transitionsschulung für heranwachsende Patienten kann inzwischen von den Krankenkassen als ergänzende Leistung bezahlt werden.

Die Qual der Wahl hatte Dr. Mirjam Stahl vom Universitätsklinikum Heidelberg, die unter 2213 CF-Publikationen im vergangenen Jahr die „News of the Year“ identifizieren sollte. Entsprechend gab es in dem Vortrag von allem etwas – Mikrobiologie, Diagnostik, Entzündungsgeschehen und natürlich auch CFTR-Modulatoren. Zu letzteren wurde eine US-amerikanische Studie vorgestellt, die im Tiermodell einen therapeutischen Effekt von CFTR-Modulatoren bei Verabreichung in-utero, d. h. schon vor der Geburt im Mutterleib, zeigte.

Quelle: Mukoviszidose e.V.