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Erfolgsaussichten von Heuschnupfen-Therapien künftig besser abschätzbar?

Wie sich die Erfolgsaussichten einer Allergieimpfung (spezifischen Immuntherapie mit Allergenen) schon früh bestimmen lassen und warum sie so viel Zeit benötigt, haben ForscherInnen der TU München herausgefunden.

Eine spezifische Immuntherapie mit Allergenen (SIT bzw. Allergieimpfung oder Desensibilisierung) kann den Alltag für Allergiker deutlich angenehmer machen und langfristig vor Asthma schützen. Was dabei genau geschieht, ist jedoch immer noch relativ unklar. Jetzt hat ein Team der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München die Prozesse im Körper während einer dreijährigen spezifischen Immuntherapie untersucht. Dabei fanden die Forscherinnen und Forscher Hinweise darauf, warum die Allergieimpfung so viel Zeit benötigt und wie sich die Erfolgsaussichten schon früh bestimmen lassen (siehe EbioMedicine, Online-Veröffentlichung am 11.10.2018).

Bei einer spezifischen Immuntherapie, früher auch Hyposensibilisierung genannt, geben Ärztinnen und Ärzte Injektionen mit den Substanzen, auf die der Körper allergisch reagiert, zum Beispiel Pollen- oder Milbenextrakte. In der ersten Phase der Therapie erhöhen sie die Dosis nach und nach. Ist eine sogenannte Erhaltungsdosis erreicht, werden über einen längeren Zeitraum – in der Regel drei Jahre – Spritzen mit dieser Dosis gegeben. Wenn alles gut geht, sind die allergischen Reaktionen nach dieser Behandlung dauerhaft schwächer.

Bis heute ist unklar, was genau bei diesen Therapien im Körper geschieht. Ein Team um PD Dr. Adam Chaker, Leiter der Allergieambulanz an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des TUM-Universitätsklinikums rechts der Isar und Prof. Carsten Schmidt-Weber, Leiter des Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM) von TUM und Helmholtz Zentrum München, hat jetzt das komplexe Wechselspiel verschiedener Zelltypen und Substanzen des menschlichen Immunsystems während einer Immuntherapie über drei Jahre beobachtet.

Bislang hat sich die Allergie-Forschung besonders auf die Rolle verschiedener Typen sogenannter T-Zellen konzentriert. Pro-allergische T-Zellen (Th2- und auch Th17-Zellen), so das stark vereinfachte Modell, verstärken allergische Reaktionen im Körper, wenn sie auf bestimmte Substanzen treffen. Regulatorische T-Zellen (T-Regs) dagegen hemmen die allergische Reaktion gegen ein Allergen.

„Unsere Daten zeigen, dass die Vorgänge bei einer Immuntherapie komplexer sind als bisher angenommen“, berichtet Adam Chaker. „Es sind Zelltypen beteiligt, die bislang in diesem Zusammenhang kaum beachtet wurden. Wir sind insbesondere überzeugt, dass regulatorische B-Zellen eine deutlich wichtigere Rolle spielen als bisher gedacht.“

Außerdem scheint insbesondere die zweite Therapie-Phase von Bedeutung zu sein: „In der zweiten Phase der Behandlung entscheidet sich das Abwehrsystem des Körpers, ob ein Allergen weiterhin massiv bekämpft wird und daher zu Heuschnupfen, Asthma oder anderen allergischen Erkrankungen führt oder ob der Körper lernt, dass Allergen zu tolerieren“, erläutert Adam Chaker. Dabei ändere sich das Verhältnis von pro-allergischen T-Zellen, T-Regs und regulatorischen B-Zellen laufend – in der Studie war, auch abhängig vom Pollenflug und anderen Faktoren, mal ein Zelltyp stärker vertreten, mal ein anderer. Erst nach drei Jahren pendelte sich das Verhältnis ein.

Ein Roulette-Spiel mit zufälligem Ausgang ist diese Phase jedoch nicht. Bei den Patientinnen und Patienten, die die Therapie regulär beendeten, gab es Übereinstimmungen, die schon früh Voraussagen über den Therapie-Erfolg ermöglichten. Wenn direkt nach der ersten Behandlungsphase, also dem Abschluss der Einleitungsphase, besonders viele regulatorische B-Zellen und wenige TH-17-Zellen messbar waren, wurden nach drei Jahren deutlich weniger Allergiesymptome festgestellt.

„Wir haben diesen Test patentieren lassen“, betont Adam Chaker. „Wenn er Serienreife erreicht, könnten wir Patientinnen und Patienten eine aufwendige Behandlung mit geringen Erfolgsaussichten ersparen. Bei einem positiven Ergebnis liefert so ein Test dagegen gute Argumente, eine dreijährige Therapie durchzuziehen. Bislang brechen viele Menschen früher ab.“

Ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen könne zudem die Grundlage für effektivere Therapien sein. Dafür sei es jedoch wichtig, die Ergebnisse der aktuellen Studie in weiteren Untersuchungen zu bestätigen und mehr über die Wirkungsmechanismen herauszufinden, meint Adam Chaker.

Quelle: Technische Universität München