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Erbkrankheit ALPHA-1 – ein Wikingererbe!

Bestimmte Genveränderungen verliehen Menschen zu Wikingerzeiten einen besseren Schutz vor Wurmbefall. Diese sind heutzutage aber leider mit einem erhöhten Risiko für Lungenemphysem verbunden.

Ausgrabungen in ehemaligen Wikinger-Siedlungen in Dänemark haben aufgedeckt, dass die Wikinger stark unter Wurmbefall gelitten haben müssen. Um sich besser gegen die Wurminfektionen zur Wehr setzen zu können, hat sich bei den überlebenden Wikingern mit der Zeit eine bestimmte Genveränderung (Mutation) durchgesetzt, die heutzutage leider auch zu Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (ALPHA-1) und damit Lungenemphysemen führen kann. Das berichten Forscher um Prof. Richard Pleass von der Liverpool School of Tropical Medicine (siehe Nature Scientific Reports 2016, Band 6, Seite: 20509). Wer direkt von den Wikingern abstammt, weist deshalb oft eine genetische Veranlagung für ALPHA-1 auf. Diese vererbte Mutation bewirkt, dass die Leberzellen das Enzym Alpha-1-Antitrypsin (A1AT) fehlerhaft oder in zu geringer Menge bilden oder freisetzen. A1AT schützt normalerweise Lunge und Leber vor Eiweiß abbauenden Enzymen (so genannte Proteasen), die bei der Immunabwehr eine Rolle spielen. Mangelt es an A1AT, greifen die Proteasen u.a. auch die Lungenbläschen an und zerstören sie somit. Daher geht ALPHA-1 mit einem erhöhten Risiko einher, eine COPD zu entwickeln – insbesondere ein so genanntes panlobuläres Lungenemphysem, das alle Bereiche der Lunge betreffen und zu gravierender Behinderung und frühem Tod führen kann.

Auch Würmer bilden Proteasen, um sich über die Körperabwehr der Wirte, die sie befallen, hinwegzusetzen. Wie die britischen Forscher jetzt nachgewiesen haben, können die Enzym-Mutationen von A1AT, die sich vor ungefähr mehr als zweitausend Jahren in den Wikinger-Populationen entwickelt haben, an Antikörper der Gruppe Immunglobulin E (IgE) binden, die zur Abwehr von Würmern, anderen Parasiten und generell Fremdkörpern dienen. Diese Bindung an die A1AT-Mutation bewahrt die IgE-Antikörper davor, von den Proteasen abgebaut zu werden. Auf diesem Weg erhielten die Wikinger also eine verstärkte Abwehrkraft gegen die Würmer, was ihnen einen deutlichen Selektionsvorteil verschaffte, so dass sie die Mutation in ihrem Genom über viele Generationen beibehielten.

Zu Wikingerzeiten war das von Vorteil. In der Gegenwart bringt die A1AT-Mutation, die besonders häufig unter Skandinaviern als den Wikinger-Nachfahren auftritt, leider keinerlei Überlebensvorteile mehr, wobei heutzutage ja auch andere Entwurmungsmittel zur Verfügung stehen. Ganz im Gegenteil: Sie verursacht eine genetische Veranlagung für eine Erbkrankheit, die zu Lungenemphysem führt. Ob ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (ALPHA-1) vorliegt, lässt sich beim Arzt durch eine einfache Blutentnahme überprüfen. Vorsorglich sollten Mutationsträger keinesfalls rauchen, denn das verstärkt ihr Risiko erheblich, an ALPHA-1 zu erkranken.