Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist Schätzungen zufolge die dritthäufigste Todesursache weltweit. Da ihre Abläufe aber noch weitgehend ungeklärt sind, können aktuelle Therapien lediglich das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Über einen bisher unbekannten Krankheitsmechanismus, der im Labor unterbunden werden konnte, berichten ForscherInnen des Helmholtz Zentrums München (siehe EMBO Molecular Medicine, Online-Veröffentlichung am 19.4.2018).
Zigarettenrauchen führt zu einer Entzündungsreaktion in den Atemwegen und im Lungengewebe und stellt die häufigste Ursache für eine COPD dar, die mit chronischem Husten, Auswurf und Atemnot einhergeht. Langfristig kommt es zu einem Verlust von Lungengewebe, was in der Folge die Atmung erschwert.
In der aktuellen Arbeit konnte ein Team um Dr. Ali Önder Yildirim nun den Entzündungsprozess näher aufklären. „Wir haben uns dabei auf tertiäre Lymphknoten in den Bronchien konzentriert“, erklärt Yildirim, kommissarischer Leiter des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München, Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL). Tertiäre Lymphknoten bilden sich in der Nähe von Entzündungen als eine Art improvisierter Lymphknoten. Konkret untersuchten die Forscher die sogenannten induzierbaren Bronchien assoziierten Lymphknoten, kurz iBALT. „Mittlerweile geht man davon aus, dass die Entstehung von iBALT ein ganz zentraler Aspekt bei einer Verschlechterung von COPD ist – wie er aber entsteht war bis dato unklar“, berichtet der Studienleiter.
Entsprechend suchten die Lungenspezialisten nach bekannten Abläufen in anderen Lymphgeweben. Dabei wurden sie auch auf den sogenannten Oxysterol-Stoffwechsel aufmerksam. Oxysterole sind Abkömmlinge des Cholesterins und spielen in vielen unterschiedlichen biologischen Prozessen eine Rolle, unter anderem bei der Wanderung von Immunzellen in das Lymphgewebe.
„Wir wollten nun herausfinden, ob das auch im Umfeld der Lunge und speziell bei einer durch Zigarettenrauch bedingten COPD so ist“, berichtet Yildirim. Tatsächlich fanden die Forscher sowohl im Versuchsmodell als auch in der Lunge von COPD-Patienten erhöhte Mengen der Enzyme, die für den Oxysterol-Stoffwechsel verantwortlich sind, begleitet von ins Gewebe einwandernden Immunzellen. Weitere Versuchsreihen zeigten zudem, dass die iBALT-Bildung gehemmt ist, wenn die Stoffwechsel-Enzyme nicht vorhanden sind. Dadurch wurde auch das Einwandern von Immunzellen verhindert und die Lunge nahm trotz Zigarettenrauch keinen Schaden.
Die Wissenschaftler versuchten anschließend diesen Effekt pharmakologisch nachzubauen: Hierfür blockierten sie den Oxysterol-Stoffwechselweg mit einem Hemmstoff (Wirkstoff Clotrimazol, einem bereits zugelassenen Antimykotikum), woraufhin im Modellversuch das Einwandern der Immunzellen nach Zigarettenrauch-Reizung und damit die iBALT-Bildung verhindert wurde. „Künftig wird es unser Ziel sein, die Ergebnisse aus dem Modell auf den Menschen zu übertragen, um möglicherweise in die Entstehung von COPD eingreifen zu können“, hofft Ali Önder Yildirim. „Da kommt viel Arbeit auf uns zu, auf die wir uns bereits freuen.“
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt